Vielleicht betrachten wir das Folgende aus der Warte der Argumentationstradition und der Eristik (Aristoteles ff.). Der Herr möge uns beistehen.
(1) Hebräischforum, Antijudaismusverdacht, Keulenreaktionmystica hat geschrieben:Medicus domesticus hat geschrieben:mystica hat geschrieben:Man sollte echt überprüfen, ob vielleicht in dieser strikten Ablehnung eines Hebräisch Forums nicht ein latenter Antijudaismus/Antisemitismus am Werke ist.
Man sollte hier jetzt nicht als neue Userin solche
Keulen auspacken, die nicht angebracht sind.
Dir Grundintention dieses Forums ist das Lateinforum. Griechisch gehört als elementarer Bestandteil des Römischen Reiches dazu. “Sonstige Diskussionen” hatte auch einen anderen Sinn als eine Überflutung durch einen User. Hebräisch sollte in einem eigenen Internet- Forum installiert sein, denn auch die Theologie ist hier nie als Hauptthema gedacht worden.
Ich finde es höchst problematisch, wenn hier in diesem Forum über die legitime Frage, ob bei der strikten Ablehnung eines Hebräisch Forums ein latenter Antijudaismus/Antisemitismus am Werke sei, eine
eindeutige rechtsradikale Metapher "Keule" zur Abwehr benutzt wird.
Stomachatus benutzt diese Metapher auch, wenn er mir gegenüber von der
"Diskriminierungskeule" spricht.
Auch ist die apodiktische Aussage, dass
die Frage nicht angebracht sei, nicht nur undemokratisch, sondern auch autoritär und eine Form der massiven Diskursverweigerung, die uns alle zu denken geben sollte. Obsta Principiis!!!! Vale!
Was passiert hier? My benutzt eine vorsichtige Formulierung und qualifiziert damit Absagen an eine Hebräischsparte als antisemitismus- und faschismusverdächtig.
Me ahmt hier mit "Man sollte.." My nach, verwendet dabei wie My nicht das "müssen", sondern das weniger apodiktische "sollen", verweist dann My auf den Platz einer neuen Userin und rät ihr implizit - so glaube ich - die Personen und ihre Mentalitäten und das komplexe Feld kennenzulernen. So seien (und sind, Willimox) faire und überzeugende Diskurse eher möglich.
(2) Die KeulenmetapherDabei verwendet Me die Metapher der "Keule", sie ist seit Walsers Rede sehr bekannt geworden und hat auch im angelsächsischen Raum eine breite und ergiebige Literatur hervorgebracht. Godwin´s Law ist da besonders relevant. Godwin beschreibt recht gut, dass man in einer Argumentation den Diskursgegner niederschmettern kann, mit dem Hinweis, seine Argumente seien antisemitismusverdächtig, faschistisch und so weiter.
Was keineswegs heißt, dass es nicht faschistische Argumente geben kann und dass man sie dann in einer fairen Diskussion auch so benennen sollte. Aber dies eben logisch und hermeneutisch absichert.
Auch der Begriff der "Kommunismuskeule" wird gern und häufig gebraucht. Damit unterstellt man einem Diskursgegener die Nähe seiner Argumente und seiner Person zu den menschenverachtenden Elementen, die in der Geschichte kommunistischer Regime unstreitig zu beobachten waren.
Einige Beispiele:
Hitler gehört sicherlich zu den schrecklichsten Gestalten der Weltgeschichte. Vor allem in der westlichen Welt besteht eine beliebte Strategie darin, gegnerische Argumente mit Hitler oder den Nazis in Verbindung zu bringen.
Ein Gegner von Tierrechten meinte, die Nazis wären große Tierschützer gewesen. Niemals zuvor seien in Deutschland so viele Tierschutzgesetze erlassen worden wie unter der Herrschaft der Nationalsozialisten, und Hitler habe sich sogar vegetarisch ernährt.
Mit diesem Hinweis auf die Rolle der Nazis im Tierschutz wird man Tierrechtlern vermutlich ein menschenfeindliches Potenzial unterstellen. Was auch immer die Beweggründe für die relativ tierfreundliche Einstellung der braunen Massenmörder gewesen sein mögen, mit den auf Empathie beruhenden Werten der meisten Tierschützer hatten sie sicherlich nichts zu tun. Davon abgesehen ist Tierschutz natürlich nicht falsch, nur weil sich die Nazis dafür in einer gewissen Weise einsetzten.
Atheisten aber auch Theologen (man denke da an University of North Carolina und den Neutestamentler Bart Ehrman in seinen Diskursen mit christlichen Fundamentalisten) bekommen häufig zu hören, dass auch Stalin, Mao und Pol Pot Atheisten waren. Die dahinter stehende Absicht ist unter anderem, den Atheismus mit einigen der bekanntesten Massenmörder der Menschheitsgeschichte in Verbindung zu bringen.
Wenn Stalin, Mao und Pol Pot solche Gräueltaten verübten, sind dann nicht auch die anderen Gottlosen zu Ähnlichem fähig? Nun, die Gegenargumentation kann ich als bekannt voraussetzen. Und die Schwierigkeit, so klassifiziert zu werden und nicht mit Wut zu reagieren, kann ich als nachvollziehbar voraussetzen. Ein echter, fairer Diskurs ist meistens nicht mehr möglich und derjenige, der den Faschismusverdacht ins Spiel gebracht hat, fühlt sich in der Siegerposition.
(3) BumerangWorauf Cometes, Tiberis, Zythophilus, Consus und andere aufmerksam gemacht haben:
Wer so argumentiert wie My, muss sich sagen lassen: Argumentationen sind erst einmal für sich im Detail und in ihrer Einbettung zu betrachten, bevor man denn wirklich zu groben Kalibern greift.
Wenn man das nicht tut, dann befindet man sich/sich ein(e) My-UserIn in einem Dilemma:
Bernhard von Clairvaux (1091-1153) hält in Speyer 1146 eine flammende Kreuzzugspredigt an die Deutschen. Es gelingt ihm dabei, den deutschen König Konrad III. (1138-1152) persönlich für den zweiten Kreuzzug (1147-1149) zu gewinnen.
Jerusalem den Hunden und den Säuen?
(1)
Was wartet Ihr, tapfere Männer? Was wartet Ihr, Diener des Kreuzes?
(2)
Wollt Ihr das Heiligtum Jerusalem den Hunden und die Perlen den Säuen geben? Wie viele Sünder haben dort ihre Sünden mit Tränen gebeichtet und Verzeihung erlangt, seit das Schwert der Väter den Heidenunrat hinausgeworfen hat? Der Böse sieht das und schaut scheel darauf; er knirscht mit den Zähnen und erbleicht (...) und wird vielleicht stark genug, jenes Allerheiligste zu gewinnen. Das wäre dann für alle künftigen Zeiten ein unheilbarer Schmerz und unersetzlicher Schaden; für unsere Generation aber (...) wäre es unendliche Scham und ewiger Vorwurf.
(3)
Weil Euer Land an tapferen Männern fruchtbar ist und kräftig durch die Fülle seiner Jugend (...), so gürtet auch ihr Euch mannhaft und ergreift die glücklichen Waffen im Eifer für Christi Namen. Enden möge jene Ritterart, nein, Ritter-Unart von ehedem, nach der Ihr einander zu kippen, einander zu verderben pflegt und einer den anderen umbringt.
(4)
Welch grausame Lust reizt die Unseligen, dass sie mit dem Schwert den Körper ihres Nächsten durchbohren und vielleicht seine Seele mit ins Verderben stürzen! Aber auch der Sieger kommt nicht davon; auch durch seine Seele fährt ein Schwert, wenn er über seines Feindes Tötung sich freut. Wahnsinn ist es, nicht Mut, solch einem Unrecht zu frönen; kein Kühnheit, sondern nur Dummheit.
(5)
Du tapferer Ritter, du Mann des Krieges, jetzt hast du eine Fehde ohne Gefahr, da bringt der Sieg Ruhm und der Tod Gewinn. Bist du ein kluger Kaufmann (...) dann gilbt: – einen großen Markt sage ich Dir an, Sieh zu, dass er Dir nicht entgeht. Nimm das Kreuzeszeichen, und für alles, was du reuigen Herzens beichtest, wirst du auf einen Schlag Ablass erlangen. Die Ware ist billig, wenn man sie kauft. Und wenn man fromm für sie bezahlt, ist sie ohne Zweifel das Reich Gottes wert.
(Opera omnia S. Bernardi. Epistola Nr. 363 — angelehnt an Alfred Läpple, Report der Kirchengeschichte, Don Bosco Verlag, München 1968, S. 180 f.)
Das Dilemma beim Einsatz eines Faschismusverdachtes oder anderer Extremismuseinordnungen liegt vielleicht auf der Hand: Wer sich einen Wahlspruch Bernhards als Motto gibt, der sollte sich der Frage stellen, ob er vielleicht wohl der Kaufmannslogik in der Rede da folgen wolle. Eine unfaire Frage?
Und wer wie ein französischer Theologe den völligen Gehorsam Abrahams gegenüber Gott rühmte, einem Gott, der die Opferung von Isaak verlange und vorher Isaak als Stammvater bezeichnet habe und somit von Abraham die Annullierung der göttlichen Aussage einfordere und ..... ja, die theologischen Auslegungen dieser Stelle und ihre Virtuosität ist dem Interessierten bekannt.., wer also diesem französischen Theologen auf seinem mystischen Weg nachfolge, der werde dann auch in blindem Gehorsam Hexen und Hexer verfolgen oder sich wie im Jahre 1570 geschehen sich auf Papst Pius V. und seine Bulle einlassen, in der er Elisabeth als Ketzerin und "Freveldienerin" exkommunizierte. Ihre Untertanen wurden jedes Treueschwurs entbunden, den sie geleistet haben mochten, ja sogar feierlich zum Ungehorsam aufgefordert. Eine Gemeinheit in dieser Argumentation zu beklagen?
Ein Jahrzehnt später gab Gregor XIII. zu verstehen, es sei keine Todsünde, die Königin von England zu ermorden. Im Gegenteil bestehe, wie der Staatssekretär des Papstes im Namen seines Herrn erklärte, "kein Zweifel, dass, wer immer sie in der frommen Absicht, Gott zu dienen, aus der Welt schafft, nicht nur nicht sündigt, sondern sich ein Verdienst erwirbt.(Kardinal von Como, Brief vom 12. Dezember 1580, in: Alison Plowden, Danger to Elizabeth: The Catholics Under Elizabeth I. New York 1973.)
Kurz und gut: Eine Argumentation mit Rekurs auf Extrempositionierungen, mit der Technik, gegnerische Argumente vorschnell und vielleicht noch triumphal in einem humanitätsverachtenden Umfeld zu lokalisieren, der hat es mit Bumerang-Keulen zu tun. Und sollte dies nicht nur aus Eigenschutz möglichst meiden.
Nun ja, und My weiß sich ja sehr wohl gegen derartige Angriffe zu verwahren: Mit ihrem Hinweis auf Heidegger, Bernhard und Co fordert sie für sich jene Differenzierung ein, die sie in dem furibunden Diskurs - emotional vielleicht nachvollziehbar - anderen nicht zubilligt. Oder ist das anders?
Beste Grüße
Thrasybulos
p.s.
auch andere Elemente unter (1) lohnen sich sehr für eine Analyse (induktiver Schluss vom Singulären auf das Forum, argumentum ad hominem, der Schluss vom Schweigen auf die Zustimmung, die Behauptung von der Irrelevanz , Enthymema, defiziente Analogieschlüsse, hinreichende und notwendige Merkmale, slippery ....), aber das könnte nervtötend wirken und daher sei es per Aposiopese abgesagt.
Mir geht es auch - so wie den Freunden hier und wohl auch Mystica - um einen fairen Diskurs.