Oh, klar.
Zwar ist sie mit Hephaistos, dem Schmied, verheiratet, jedoch ist sie Ares, dem Krieger, zugeneigt. Helios bemerkte dieses und hinterbrachte es dem betrogenen Ehemann. Dieser präparierte das Bett mit unzerreißbaren Banden. Ares überredete erneut Aphrodite:
»Komm, Liebe, zu Bett! Wir wollen uns legen und uns erfreuen! Denn Hephaistos ist nicht mehr im Lande, sondern ist wohl schon hinweg nach Lemnos zu den Sintiern, die wie Wilde reden.«
So sprach er und ihr schien willkommen, daß sie sich legten. Und sie stiegen beide auf das Lager und schliefen ein. Und rings um sie ergossen sich die künstlichen Bande des vielverständigen Hephaistos, und da war keines von den Gliedern zu bewegen noch auch zu erheben. Da erkannten sie, daß kein Entrinnen mehr war.
Da kam zu ihnen heran der rings berühmte Hinkende, der sich wieder zurückgewandt, bevor er zum Lande Lemnos gelangt war. Denn Helios hatte für ihn Wacht gehalten und ihm das Wort gesagt. Und er schritt hin und ging zu dem Hause, bedrückt in seinem Herzen, trat in die Türen, und ein wilder Zorn ergriff ihn, und er schrie gewaltig und rief zu allen Göttern:
»Zeus Vater und ihr anderen seligen Götter, ihr immerseienden! Hierher! ...
... Doch wird sie das listige Werk und die Fesseln solange festhalten, bis mir der Vater alle Brautgeschenke, Stück für Stück, zurückerstattet, so viele ich ihm gegeben habe um der hundsäugigen Dirne willen - darum weil ihm die Tochter zwar schön, doch nicht züchtigen Sinnes ist.«
So sprach er. Da versammelten sich die Götter bei dem erzschwelligen Hause. Es kam Poseidon, der Erdbeweger, kam der gedeihengebende Hermes, es kam der fernwirkende Herr Apollon. Doch blieben die weiblichen Göttinnen voll Scham zu Hause eine jede. Und es traten die Götter, die Geber des Guten, in die Türen, und ein unauslöschliches Gelächter erhob sich von den seligen Göttern, als sie die Künste des vielverständigen Hephaistos sahen. Und einer blickte den anderen neben sich an und sagte so:
»Bös Ding gedeiht nicht, es erwischt der Langsame den Schnellen! wie jetzt Hephaistos auch, der Langsame, den Ares gehascht hat, ob er auch der schnellste unter den Göttern ist, die den Olympos innehaben - er, der Lahme, mit Künsten! Darauf steht auch noch Ehebruchsbuße!«
So sprachen sie dergleichen miteinander. Zu Hermes aber sagte der Gebieter, der Sohn des Zeus, Apollon:
»Hermes, Zeus-Sohn, Geleiter! Geber du des Guten! Wolltest du wohl, gezwängt in starke Bande, schlafen im Bette bei der goldenen Aphrodite?«
Da entgegnete ihm der Geleiter, der Argostöter:
»Wenn dieses doch geschehen möchte, Herr, fernhintreffender Apollon! Da möchten Bande, dreimal soviel, unendliche, um mich her sein und ihr zuschauen, Götter und Göttinnen alle: gleichviel, ich schliefe bei der goldenen Aphrodite!«
So sprach er, und es erhob sich ein Gelächter unter den unsterblichen Göttern. Doch den Poseidon ergriff nicht das Lachen, und er bat den werkberühmten Hephaistos beständig, daß er den Ares löse, ...
... Die beiden aber, als sie aus den Banden gelöst waren, den gar starken, sprangen alsbald auf und gingen: er nach Thrakien, sie aber gelangte nach der Insel Kypros, die gerne lächelnde Aphrodite: nach Paphos, da wo ihr ein Hain und ein Altar voll Opferrauch ist. Dort wuschen sie die Anmutgöttinnen und salbten sie mit dem Öl, dem unsterblichen, wie es gebraucht wird von den Göttern, den immerseienden, und taten ihr reizende Kleider an, ein Wunder zu schauen.
Homer. Die Odyssee. 8. Gesang. Deutsch von Wolfgang Schadewaldt. Zürich 1966. S. 134-137.