Wechsel als Latein-/Griechischlehrer vom Gymnasium an Uni?
Verfasst: Mi 3. Sep 2014, 02:11
Lieber Mitlesende,
kennt Ihr Fälle, bei denen jemand als Gymnasiallehrer mit dem Fach Latein oder auch Griechisch aus dem Gymnasialdienst an eine Universität gewechselt ist? Z.B. durch eine teilweise/vollständige Abordnung oder gar durch Übernahme einer entsprechenden Stelle als Studienrat/Oberstudienrat im Hochschuldienst?
Zum konkreten Fall: Ich habe nach meinem Studium und Referendariat - zu einer Zeit, als Lateinlehrer kaum eingestellt wurden - an einer Universität gearbeitet - als wissenschaftlicher Mitarbeiter - im wissenschaftlichen und fachdidaktisch-schulischen Bereich der Fächer Latein und Griechisch. Dann habe ich wohl den Fehler meines Lebens begangen, der Bitte eines von mir hochgeschätzten Schulleiters nachgegeben und bin in den Schuldienst eingetreten. Die ersten Jahre waren toll, auch deswegen, weil ich zwei Schulleiter hatte, die mich unterstützt und gefördert haben, obwohl sie selbst kein Latein hatten.
Mittlerweile (nach über 10 Jahren) ist es aber so, dass ich am liebsten alles hinwerfen würde! Ich habe die Schnauze so was von voll und mir steht es bis ganz oben... (bitte entschuldigt diese Ausdrucksweise).
Es gibt viele Gründe, davon ein paar zur Auswahl:
1. Die Schulen in ganz Deutschland haben sich in den letzten Jahren derart negativ entwickelt, so dass es nicht mehr die Schulen sind, für die ich studiert habe. Da ist nur noch von Evaluation und innerer Schulentwicklung die Rede, aber um die wirklich wichtigen Inhalte geht es nicht. Ich habe mittlerweile vier Evaluationen hinter mich gebracht, an den Problemen unserer Schule hat sich NICHTS geändert.
2. Die katastrophale sprachliche Reduzierung des Lateinischen auf ein Minimum im Unterricht und in den Lateinbüchern. Ich kenne Schüler, die bei uns vierstündigen Lateinkurs und Lateinabitur gemacht haben und nicht einmal den Unterschied zwischen Infinitiv Perfekt und Infinitiv Präsens beim ACI verstanden haben. (Kein Scherz, es war wirklich so).
Apropos Abitur: In meinem Bundesland dürfen im Lateinabitur nicht einmal mehr einfachste Metrikaufgaben (z.B. mit Hexameter) gestellt werden - die armen Schüler könnten ja überlastet werden!
Vor ein paar Monaten war ich auf der Veranstaltung eines bekannten Verlages. Ein neues Lateinbuch wurde vorgestellt. Tja - viele bunte Bildchen waren darin - aber sprachliche Inhalte? Kaum! So zumindest der Eindruck aller Anwesenden.
3. Ich habe zwei völlig unfähige Schulleiter erlebt - der erste wurde "weggelobt" - den zweiten haben wir heute noch. Beide haben die Schule völlig ruiniert und ihren früher guten Ruf zerstört.
3. Als Lehrer ist man sowieso DER LETZTE DRECK und als Lateinlehrer, der noch das Fach Griechisch an einem nicht altsprachlichen Gymnasium hat, DER LETZTE DRECK HOCH ZEHNTAUSEND!
Ich habe an dieser Schule über viele Jahre weit mehr gemacht als ich hätte müssen, z.B. habe ich (als Studienrat/A13) von einem Abteilungsleiter (Studiendirektor/A15) nach dessen Pensionierung zahlreiche, auch administrative Tätigkeiten übernommen - klar, in der Hoffnung, dass die Schulleitung diese Tätigkeiten auch einmal honorieren würde. Ich habe auch im Auftrag der Schulverwaltung Prüfungen organisiert und schulische Dinge gemacht, die nicht zum Aufgabengebiet eines Studienrates gehören.
Gab es einen Dank dafür? Nein, aber dafür (symbolische) Tritte ins Gesicht - gleich mehrfach! Als Dankeschön bekommt man dann haarsträubende dienstliche Beurteilungen!
Unterstützung von der Schulverwaltung? JA, nette Worte bekommt man, mehr aber nicht!
4. Viele Eltern verbreiten dreckige, unverschämte und rufschädigende Lügen über die Lehrer unserer Schule. Das Benehmen der meisten Eltern ist ohnehin so was von unverschämt, wie ich das noch nie erlebt habe.
Aus diesen und noch viel mehr Gründen gäbe ich sehr viel dafür, wenn ich von der Schule weg und wieder zurück an die Uni könnte, z.B. in den Fachdidaktikbereich. Wissenschaftliche Arbeit fehlt mir sowieso schon lange. Ich weiß, dass es früher zumindest Abordnungen von Lehrern an Unis gab, gelegentlich auch Versetzungen. Hat jemand von Euch einen solchen Fall in den letzten Jahren mitbekommen?
Ach ja: Selbstverständlich habe ich auch an die Versetzung an eine andere Schule gedacht. Hier ist aber mein Fach Griechisch ein Problem. Alle näheren und weiter weg gelegenen altsprachlichen Schulen haben keinen Bedarf.
Ich entschuldige mich auch dafür, wenn mein Ton in diesem Beitrag vielleicht teilweise nicht ganz zivilisiert ist. Aber meine Frustration bezüglich Schule allgemein und meiner Schule speziell sowie dem Zustand des Faches Latein hat mittlerweile die Grenzen des Erträglichen überschritten.
Leonhard
kennt Ihr Fälle, bei denen jemand als Gymnasiallehrer mit dem Fach Latein oder auch Griechisch aus dem Gymnasialdienst an eine Universität gewechselt ist? Z.B. durch eine teilweise/vollständige Abordnung oder gar durch Übernahme einer entsprechenden Stelle als Studienrat/Oberstudienrat im Hochschuldienst?
Zum konkreten Fall: Ich habe nach meinem Studium und Referendariat - zu einer Zeit, als Lateinlehrer kaum eingestellt wurden - an einer Universität gearbeitet - als wissenschaftlicher Mitarbeiter - im wissenschaftlichen und fachdidaktisch-schulischen Bereich der Fächer Latein und Griechisch. Dann habe ich wohl den Fehler meines Lebens begangen, der Bitte eines von mir hochgeschätzten Schulleiters nachgegeben und bin in den Schuldienst eingetreten. Die ersten Jahre waren toll, auch deswegen, weil ich zwei Schulleiter hatte, die mich unterstützt und gefördert haben, obwohl sie selbst kein Latein hatten.
Mittlerweile (nach über 10 Jahren) ist es aber so, dass ich am liebsten alles hinwerfen würde! Ich habe die Schnauze so was von voll und mir steht es bis ganz oben... (bitte entschuldigt diese Ausdrucksweise).
Es gibt viele Gründe, davon ein paar zur Auswahl:
1. Die Schulen in ganz Deutschland haben sich in den letzten Jahren derart negativ entwickelt, so dass es nicht mehr die Schulen sind, für die ich studiert habe. Da ist nur noch von Evaluation und innerer Schulentwicklung die Rede, aber um die wirklich wichtigen Inhalte geht es nicht. Ich habe mittlerweile vier Evaluationen hinter mich gebracht, an den Problemen unserer Schule hat sich NICHTS geändert.
2. Die katastrophale sprachliche Reduzierung des Lateinischen auf ein Minimum im Unterricht und in den Lateinbüchern. Ich kenne Schüler, die bei uns vierstündigen Lateinkurs und Lateinabitur gemacht haben und nicht einmal den Unterschied zwischen Infinitiv Perfekt und Infinitiv Präsens beim ACI verstanden haben. (Kein Scherz, es war wirklich so).
Apropos Abitur: In meinem Bundesland dürfen im Lateinabitur nicht einmal mehr einfachste Metrikaufgaben (z.B. mit Hexameter) gestellt werden - die armen Schüler könnten ja überlastet werden!
Vor ein paar Monaten war ich auf der Veranstaltung eines bekannten Verlages. Ein neues Lateinbuch wurde vorgestellt. Tja - viele bunte Bildchen waren darin - aber sprachliche Inhalte? Kaum! So zumindest der Eindruck aller Anwesenden.
3. Ich habe zwei völlig unfähige Schulleiter erlebt - der erste wurde "weggelobt" - den zweiten haben wir heute noch. Beide haben die Schule völlig ruiniert und ihren früher guten Ruf zerstört.
3. Als Lehrer ist man sowieso DER LETZTE DRECK und als Lateinlehrer, der noch das Fach Griechisch an einem nicht altsprachlichen Gymnasium hat, DER LETZTE DRECK HOCH ZEHNTAUSEND!
Ich habe an dieser Schule über viele Jahre weit mehr gemacht als ich hätte müssen, z.B. habe ich (als Studienrat/A13) von einem Abteilungsleiter (Studiendirektor/A15) nach dessen Pensionierung zahlreiche, auch administrative Tätigkeiten übernommen - klar, in der Hoffnung, dass die Schulleitung diese Tätigkeiten auch einmal honorieren würde. Ich habe auch im Auftrag der Schulverwaltung Prüfungen organisiert und schulische Dinge gemacht, die nicht zum Aufgabengebiet eines Studienrates gehören.
Gab es einen Dank dafür? Nein, aber dafür (symbolische) Tritte ins Gesicht - gleich mehrfach! Als Dankeschön bekommt man dann haarsträubende dienstliche Beurteilungen!
Unterstützung von der Schulverwaltung? JA, nette Worte bekommt man, mehr aber nicht!
4. Viele Eltern verbreiten dreckige, unverschämte und rufschädigende Lügen über die Lehrer unserer Schule. Das Benehmen der meisten Eltern ist ohnehin so was von unverschämt, wie ich das noch nie erlebt habe.
Aus diesen und noch viel mehr Gründen gäbe ich sehr viel dafür, wenn ich von der Schule weg und wieder zurück an die Uni könnte, z.B. in den Fachdidaktikbereich. Wissenschaftliche Arbeit fehlt mir sowieso schon lange. Ich weiß, dass es früher zumindest Abordnungen von Lehrern an Unis gab, gelegentlich auch Versetzungen. Hat jemand von Euch einen solchen Fall in den letzten Jahren mitbekommen?
Ach ja: Selbstverständlich habe ich auch an die Versetzung an eine andere Schule gedacht. Hier ist aber mein Fach Griechisch ein Problem. Alle näheren und weiter weg gelegenen altsprachlichen Schulen haben keinen Bedarf.
Ich entschuldige mich auch dafür, wenn mein Ton in diesem Beitrag vielleicht teilweise nicht ganz zivilisiert ist. Aber meine Frustration bezüglich Schule allgemein und meiner Schule speziell sowie dem Zustand des Faches Latein hat mittlerweile die Grenzen des Erträglichen überschritten.
Leonhard