Orpheus' Vater

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Orpheus' Vater

Beitragvon Zythophilus » Sa 3. Jun 2023, 16:08

Neben dem König und FLussgott Oeagrus, liest man immer wieder, werde auch Apoll als Vater des Orpheus genannt, doch außer Met. XI 8, wo vom uates Apollineus die Rede ist, was m.E. nicht zu 100% eindeutig ist, habe ich bis jetzt keine Stelle gefunden.
Wisst ihr mehr?
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon iurisconsultus » Sa 3. Jun 2023, 16:31

Hallo Z,
im neuen Pauly, Band 9 (Or-Poi) S 54 stehen griechische Quellen für Apollon:
O. gilt meist als Sohn der Muse → Kalliope [I] und
des thrak. Königs → Oiagros, seltener des Apollon
(Apollod. 1,14f.; schol. Pind. P. 4,313a DR. = FGrH 12 F
6a; Apoll. Rhod. 1,24f. mit schol.).
Qui statuit aliquid parte inaudita altera,
aequum licet statuerit, haud aequus fuit.
(Sen. Med. 199-200)
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon Sapientius » Sa 3. Jun 2023, 16:56

Bei mythischen Gestalten funktioniert der Gentest nicht, weil man nicht weiß, ob die Gene mythisiert oder der Mythos genisiert wurden.
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon marcus03 » So 4. Jun 2023, 17:19

Orpheus, eī u. eos, Akk. eum u. ea, m. (Ὀρφευς), ein berühmter Sänger, Sohn der Muse Kalliope u. des Apollo od. Öagrus,
(Georges)

http://www.zeno.org/Vollmer-1874/A/Orpheus?hl=orpheus

https://latin.packhum.org/concordance?q=+Apollinei
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon Zythophilus » So 4. Jun 2023, 21:00

Gratias, o Consulte!
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon Sapientius » Mo 5. Jun 2023, 08:24

Wisst ihr mehr?


Wir wissen gar nichts, wir haben ja nur Belegstellen für Erzählungen von der Abstammung des Orpheus.
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon Zythophilus » So 11. Jun 2023, 08:29

Man kann auch wissen, welche Belegstellen es gibt, ohne sich ganz bescheiden wie der weise Sokrates zu äußern.
Wenn die Figur des Orpheus wirklich auf einen realen Menschen zurückgeht, war sicher kein FLussgott oder sonstiger Gott sein Vater.
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon Sapientius » Di 13. Jun 2023, 15:25

So sicher ist das nicht, göttliche Abstammung kann einem realen Menschen auch nachträglich zuwachsen; waren Romulus und Remus keine Marssöhne?

Das Reale ist mit dem Illusionären verzahnt.
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon Sapientius » Do 15. Jun 2023, 07:31

Wenn die Figur des Orpheus wirklich auf einen realen Menschen zurückgeht, war sicher kein FLussgott oder sonstiger Gott sein Vater.


Das ist die moderne Auffassung von den Göttern, es gibt eine Kluft zwischen ihnen und uns, die "Transzendenz", sagt man: das Göttliche liegt außerhalb unseres Horizonts.
Ganz anders die Antike: Göttliches und Menschliches wurden als miteinander verwoben wahrgenommen, es gab viele Übergänge. "Et mi genus ab Iove summo est", sagt Aeneas.
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon marcus03 » Fr 16. Jun 2023, 12:59

Sapientius hat geschrieben:Ganz anders die Antike: Göttliches und Menschliches wurden als miteinander verwoben wahrgenommen,

Wie sich das wohl angefühlt hat?
Die Götter wurden auch nur anerzogen und die, die kritisch denken konnten, haben den
Schwindel schnell durchschaut und sich darüber lustig gemacht.
Die Identität stiftende Funktion der Religion und ihrer superi und später des Deus Christianus
sind religionsgeschichtliche Phänomene.
Irgendwas muss jedes Volk zusammenhalten.
Zudem braucht man Götter zu Legitimierung, auch und gerade von Macht-,
Privileg- und Abgrenzungsinteressen.
Wenn kein Argument mehr gefunden wird, beruft man sich auf den Willen der Götter, eines Gottes
oder des dubiosen Schicksals, das es nunmal soll will.
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon Sapientius » Sa 17. Jun 2023, 10:24

Marce, du wickelst die Religionen ab, man kann dich nicht aufhalten. Aber ich wollte etwas anderes sagen: für die Antike war das Göttliche etwas Innerweltliches, das stark auf das Menschenleben einwirkte; Gott hat mit den Menschen einen Bund geschlossen, die Welt erschaffen, Gebote erlassen; den Römern gaben sie durch Vogelflug ihren Willen kund; wenn bei den Griechen eine Truppe einen Fluss überquerte, dann war ein Opferritual für den Flussgott fällig ("Diabateria"). Alle bedeutenden Städte beriefen sich auf göttliche Gründer, auch Rom.
Für den modernen Menschen ist Gott zu einem bloßen Begriff geworden, ohne den man ganz gut auskommt.

Ich wollte nur auf diese Differenz in der Gewichtung hinweisen.
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon marcus03 » Sa 17. Jun 2023, 11:12

Sapientius hat geschrieben:für die Antike war das Göttliche etwas Innerweltliches, das stark auf das Menschenleben einwirkte;

Einwirken, wie?
Es sind aus heutiger Sicht Psychologismen zur Lebensbewältigung, die man erklären, aufklären
und entlarven kann und muss.
Diese anthropomophen Götter hat es alle nie gegeben, sie waren Mittel zum Zweck (Identitätsstiftung,
Angstbewältigung,Machtausübung u.a.).
Sie sind ein hochproblematisches Durchgangsstadium in der Menschheitsgeschichte,
das mit unsäglich viel Leid und Grausamkeit verbunden war und noch ist.
Die Psychoanalyse löst diese numinosen Gestalten mühelos auf.
Sie haben ihrem Sitz im konkreten Leben, der sie hat entstehen lassen.
Es war und ist naiv zu glauben, dass Götter oder Gott in die Welt in Form von Wundern eingreifen/t.
Das einzige Göttliche, das in der Welt wirksam und erfahrbar ist,
ist autentische LIebe ("Gott ist die Liebe", 1 Joh ),die Menschen und die Welt verändern kann.
Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes (Paulus).
Wer liebt, handelt biophil.
„Handele so, daß du das personale (soziale, emotionale, musische, sittliche, religiöse) Leben in dir und anderen eher mehrst und entfaltest denn minderst und verkürzt.“
(Rupert Lay,
verstorben im Februar dieses Jahres)

Bleibt niemand etwas schuldig; nur die Liebe schuldet ihr einander immer. Wer den andern liebt, hat das Gesetz erfüllt. Denn die Gebote: Du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren, und alle anderen Gebote sind in dem einen Satz zusammengefaßt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.

Der Gott Jesu Christi ist der Gott der bedingunslosen Liebe ohne Opfer-und Kulttamtam,
der die Seele ergreifen mag, aber im Leben fruchtlos bleibt, wenn Taten der Liebe ausbleiben.
Dort, wo der Mensch wirklich sich selber loslässt und seinen Nächsten in Selbstlosigkeit liebt, ist er wirklich schon an das schweigende, unsagbare Geheimnis Gottes geraten.
(Karl Rahner)

Sapientius hat geschrieben:Für den modernen Menschen ist Gott zu einem bloßen Begriff geworden, ohne den man ganz gut auskommt.

Aber nicht ohne das, wofür dieser Begriff im christlichen Sinn steht bzw. stehen sollte. (s.o.)

https://st-paul-josef-regensburg.de/?p=10157
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon Sapientius » So 18. Jun 2023, 08:54

... beruft man sich auf den Willen der Götter, eines Gottes
oder des dubiosen Schicksals, das es nunmal soll will.


Einer der "99 schönen Namen Allahs" ist: "der, der beglückt", und ein anderer: "der, der betrübt".
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon medicus » So 18. Jun 2023, 09:34

Einen, der betrübt, find ich hier nicht. :nixweiss:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gottes_sch%C3%B6ne_Namen
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Re: Orpheus' Vater

Beitragvon medicus » Mo 19. Jun 2023, 15:46

Vielleicht kann mystica, die Hebräisch-Kundige, helfen. :stretch:
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