gaudet equo

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Re: gaudet equo

Beitragvon Veterinaria » Sa 9. Jul 2022, 07:33

medicus hat geschrieben: von medicus » 8. Juli 2022, 19:17

Ich gebe ja zu, dass ich mit Pferden nicht auskenne; aber den Ausdruck musst du näher erklären:
Veterinaria hat geschrieben:
das Pferd "nicht die Schuhe bindet" (durchbrennt)


Ein Pferd, das "die Schuhe bindet", brennt durch; Letzteres hat wiederum nichts mit Feuer zu tun, sondern das Tier "entzieht dem Reiter die Hand" oder entzieht sich der Hand des Reiters und sucht, mit oder ohne ihn das Weite, meistens etwas "kopflos" - schliesslich ist es ja ein Fluchttier, auch im Jahre 2022...
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Re: gaudet equo

Beitragvon iurisconsultus » Sa 9. Jul 2022, 08:19

medicus hat geschrieben:Dann danke ich allen für die Beiträge und schließe daraus, dass dieser Wörterbucheintrag falsch ist:
gaudet equo - er tummelt sein Ross
:book:

Hallo medicus, wenn du das Verb „tummeln“ (diachron) in seinem gewaltigen Bedeutungsspektrum (beim Reiten) kennenlernen willst, kann ich wieder einmal auf das unvergleichliche Grimmsche Wörterbuch verweisen:

https://woerterbuchnetz.de/?sigle=DWB&lemid=T14549#0 (B. 2. a.-d. das pferd, das rosz tummeln).

Dann siehst du auch, dass die Übersetzung keineswegs falsch ist, worauf unsere geschätzte Veterinaria bereits hingewiesen hat.
Qui statuit aliquid parte inaudita altera,
aequum licet statuerit, haud aequus fuit.
(Sen. Med. 199-200)
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Re: gaudet equo

Beitragvon Willimox » Mi 13. Jul 2022, 11:27

Lieber Medicus, iurisconsultus hat ja schon auf den unvergleichlichen Grimm hingewiesen. Dass etwas antiquierte transitive "tummeln" findet sich neben "Willibald" in Fontanes "Jenny Treibel" und ladet zum Wörterbade:

Auch bei den alten und jungen Treibels herrschte eine gewisse schlechte Laune vor: Helene war unzufrieden mit Otto, Otto mit Helenen, und die Mama wiederum mit beiden. Am unzufriedensten, wenn auch nur mit sich selber, war Leopold, und nur der alte Treibel merkte von der ihn umgebenden Verstimmung herzlich wenig oder wollte nichts davon merken, erfreute sich vielmehr einer ungewöhnlich guten Laune. Daß dem so war, hatte, wie bei Wilibald Schmidt, darin seinen Grund, daß er all die Zeit über sein Steckenpferd tummeln und sich einiger schon erzielter Triumphe rühmen durfte.
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Re: gaudet equo

Beitragvon medicus » Mi 13. Jul 2022, 11:49

Willimox hat geschrieben:über sein Steckenpferd tummeln

Müsste es dann nicht heißen: er tummelt über sein Ross? :help:
https://www.navigium.de/latein-woerterb ... gross&nr=1
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Re: gaudet equo

Beitragvon Willimox » Mi 13. Jul 2022, 12:18

grüße Dich, medicus,

das "über" gehört in "all die Zeit über", damit das alles glaubhafter wirke, sei aus dem Grimmschen Hinweis von iurisconsultus zitiert:

könnte ich für meine liebste einen faustkampf halten, oder mein pferd für ihre gunst tummeln Shakespeare (1797) 7, 179;

man sah ihn in der entscheidenden stunde sein pferd vor den fenstern der dame tummeln, der er huldigte Ranke s. w. (1867) 31/32, 264.

vom geschickten voltigieren vor dem feind: so viel halt ich vor einen jungen cavalier, der einen officier abgeben will, genung zu seyn, um sein pferd nach soldaten manier mit den schenckel und der faust vor dem feind oder in einer rencontre rechts und lincks herum zu tummeln, und sich mit den degen und der pistohl darauf zu defendiren Fleming vollk. teutsche soldat (1726) 26;

eine flankeurlinie ... darf nicht zu stark sein, weil sie sonst dem flankeur seine eigenthümlichkeit nimmt, welche im beständigen tummeln seines pferdes auf einem gewissen raum bestehet, damit er niemals zum sicheren zielpunkt des feindlichen feuers wird Wilhelm I. militär. schr. (1897) 1, 21;

noch immer tummelte der tapfere könig ... sein streitrosz auf dem rechten flügel, als er ... seine leute in voller flucht erblickte Ranke s. w. (1867) 2, 222.

er tummelte das rosz, dasz es begann zu schäumen,
zu schnauben mit gebraus, doch durft es ihm nicht bäumen
Rückert Rostem (1838) 14ᵇ.

wann, als husar, der knab ein steckenpferdchen tummelt,
den kleinen Tiras schlägt und auf der trommel rummelt
J. H. Voss gedichte (1802) 6, 170;

dann durchschlüpf ich als kind wieder die frühlingsflur,
trage blumen im hut, tummle mein steckenrosz
Hölty gedichte 103 Halm;


Den Pegasus genug getummelt?
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Re: gaudet equo

Beitragvon medicus » Mi 13. Jul 2022, 12:28

Willimox hat geschrieben:Den Pegasus genug getummelt?
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