Relativsatz oder indir. Fragesatz?

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Re: Relativsatz oder indir. Fragesatz?

Beitragvon ille ego qui » Fr 12. Nov 2021, 21:55

de re inani disputamus,
inanes res continuamus.


:roll: :D
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Re: Relativsatz oder indir. Fragesatz?

Beitragvon Sapientius » Sa 13. Nov 2021, 10:36

Also ich würde mich fragen: Empfinde ich diese Sätze wirklich unterschiedlich?:


Natürlich nicht, denn im D. fallen ja beide Satzarten zusammen; aber im L. haben wir eine Modus-Differenz; warum?
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Re: Relativsatz oder indir. Fragesatz?

Beitragvon ille ego qui » Sa 13. Nov 2021, 11:17

Die zwei genannten Beispiele kann ich genauso empfinden wie "Woher wissen wir, was wir wissen?". Hier kann ich aber auch umschalten zur indirekten Frage. Der Sinn ändert sich - und auch das "syntaktische Gefühl" - schlagartig. (Gemeint war wohl der Relativsatz und nicht die indirekte Frage.)
(Der Satz fiel mir als Jugendlichem in einer Philosophiekolumne - es ging gerade um Locke - als doppeldeutig auf und irritierte mich so sehr, dass ich ihn immer noch weiß :D)

Übrigens ist der Aspekt der innerlichen Abhängigkeit durchaus wichtig, danke. Wenn es aber um Tatsachen geht, würde ich vielleicht eher sagen "De eis, quae vidi, narrabo" als "Narrabo ea, quae vidi" (das klingt doch wirklich seltsam, oder??) Jedoch muss ich dies wirklich betonen wollen, ansonsten greift wohl die RHH'sche "Tendenz".
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Re: Relativsatz oder indir. Fragesatz?

Beitragvon ille ego qui » Sa 13. Nov 2021, 11:30

Schade, dass Consus nimmer mitmacht. Seine Meinung würde mich sehr interessieren.
:sad:
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Re: Relativsatz oder indir. Fragesatz?

Beitragvon Tiberis » Sa 13. Nov 2021, 16:16

ille ego qui hat geschrieben: Jedoch muss ich dies wirklich betonen wollen, ansonsten greift wohl die RHH'sche "Tendenz".


gut, darauf können wir uns ja einigen, zumindest was die klassische Prosa betrifft. (In der Vorklassik geht die Tendenz ja eher in die umgekehrte Richtung)
Aber Tendenz hin oder her: Es gibt auch bei den klassischen Autoren zahlreiche Beispiele, wo im gegenständlichen Fall der Indikativ, also ein Relativsatz steht (vgl. Kühner-Stegmann II,2, 492). Ist das jetzt weniger gutes Latein, weil es der "Tendenz" zuwiderläuft?
Kehren wir zum Ausgangspunkt der Debatte zurück:
"ich werde erzählen, was ich gesehen habe". Natürlich ist es völlig in Ordnung, hier - tendenzgemäß :D - einen indirekten Fragesatz zu sehen (und zu sagen: narrabo, quid viderim). Das ist ja unstrittig. Aber wenn jemand (so wie ich) das eben als Relativsatz sieht ("ich werde DAS erzählen, was...") , sollte man es deshalb nicht als weniger gutes Latein abqualifizieren, zumal sich Beispiele dafür selbst bei Cicero finden.
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Re: Relativsatz oder indir. Fragesatz?

Beitragvon Sapientius » So 14. Nov 2021, 11:07

... als weniger gutes Latein abqualifizieren ...


Ich möchte lieber davon wegkommen, Stil zu qualifizieren oder mit dem vagen Begriff "Tendenz" zu arbeiten; ich meine immer noch, dass ein grammatischer und Sinn-Unterschied zwischen beiden Versionen besteht.

Bei "Narrabo (id), quod vidi" hat das narrare den Sinn von "aufzählen", wiedergeben; da geht die Blickrichtung auf das Objekt des Verbs, also auf einen Satzteil; der quod-Satz hängt ja gar nicht direkt am Verb, sondern an id; dagegen haben wir bei "quid viderim" einen vollständige Satz, ein eigenständiges Prädikat. Damit ist eine Wahrheitsbehauptung auf die Waagschale gelegt.
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