Marce, "Abusus non tollit usum", so heißt es.
Was die 4. Ekloge anbelangt, so gibt es heute meines Wissens kaum noch Philologen, die hier einen Verweis auf Christus behaupten.
Da hast du recht, und man kann über den Grund nachdenken. Der liegt auf der Hand: man kann erkennen, dass wir im Zeitalter des
Positivismus leben, als real gilt nur, was positiv, konkret, erkennbar aufweisbar ist, das ist das nztl. naturwissenschaftliche Modell der experimentellen Erforschung, die von großen Erfolgen gekrönt ist, aber doch auf einen überschaubaren Bereich beschränkt ist. Rationalismus, Empirismus, Positivismus, Kritizismus, Aufklärung ... sind die Stichworte.
Für unseren Bereich ist zu beobachten, dass der Positivismus totalitär auftritt, d.h. dass er sich selbst als den einzig vertretbaren Standpunkt erklären will; und damit übernimmt er sich.
Wir Altphilologen hantieren mit sehr vielen Weltbildern, das ist unser Job, wir sollten uns in dieser Frage nicht festnageln lassen. Unser Altmeister Sokrates, der Urvater des kritischen Denkens, sprach von einem Daimonion, das ihn inspirierte.
Wir sind mit einem ganzen Spektrum von Denkmöglichkeiten beschenkt, wir sollten uns nicht von iregendwem die Flügel stutzen lassen
.
Das Mittelalter kannte vier verschiedene Schriftsinne, als ersten den buchstäblichen, dann den allegorischen, den ethischen, den anagogischen. Wir haben noch dieses etwas staubige Adjektiv "erbaulich", von einer Predigt; dabei wurde wirklich gebaut, der eine Schriftsinn auf dem anderen, wobei der 4., der anagogische, in den Himmel führte.