exterus nicht zu extro.

Für alle Fragen rund um Latein in der Schule und im Alltag

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

exterus nicht zu extro.

Beitragvon Laptop » Mo 6. Mai 2019, 02:22

Auch wenn das sprachl. Unvermögen mancher Wissenschaftler es zuläßt, mit falschen Ausdrücken wie extrocorporaler Herzschrittmacher, ein "extro" gibt es ja bekanntlich (bis auf die Erste-Person-Singular-Form extro von extrare) nicht im Lateinischen. Intro dagegen schon. Warum, kurz gefragt, hat sich kein "extro" als Adverbium analog zu intro entwickelt? Laune der Zeiten?
SI·CICERONEM·ÆMVLARIS·VERE·NON·VIVAS (get a life!) OBITER·DICTVM·BREVITAS·DELECTAT (keep it short and simple = kiss)
Benutzeravatar
Laptop
Augustus
 
Beiträge: 5733
Registriert: Sa 12. Mai 2007, 03:38

Re: exterus nicht zu extro.

Beitragvon medicus » Mo 6. Mai 2019, 12:23

"extrocorporal" ist sicher falsch, diese Schreibweise fand ich nirgends.
https://www.google.de/search?ei=MgzQXMe ... ZoSqQYGuIo

Interessant ist aber die Erklärung von Duden, dass in Analogie zu introvertiert auch die Bezeichnung extrovertiert zulässig ist.

https://www.korrekturen.de/kurz_erklaer ... iert.shtml
medicus
Augustus
 
Beiträge: 6623
Registriert: Do 9. Dez 2010, 11:39

Re: exterus nicht zu extro.

Beitragvon Laptop » Mo 6. Mai 2019, 18:25

Ja, interessant dass der Duden sogar historisch-falsche Formen empfiehlt. Das ist die populistische Politik des Dudens, Sprachrichtigkeit nach tradierten Normen wird fallengelassen und alles wird gesegnet was nur populär genug ist. Ein ziemlich abstoßender Rollenwechsel. Warum wird das Wort "Aldä" als Anrede nicht aufgenommen? So wird es schließlich auf den Schulhöfen in Deutschland verwendet. Es ist die korrekte Wortform, denn zahllose Jugendliche und Prekäre können nicht irren!
SI·CICERONEM·ÆMVLARIS·VERE·NON·VIVAS (get a life!) OBITER·DICTVM·BREVITAS·DELECTAT (keep it short and simple = kiss)
Benutzeravatar
Laptop
Augustus
 
Beiträge: 5733
Registriert: Sa 12. Mai 2007, 03:38

Re: exterus nicht zu extro.

Beitragvon Tiberis » Mo 6. Mai 2019, 23:02

Man kann vieles zu Recht am Duden kritisieren, aber in Bezug auf extrovertiert halte ich Kritik für unangebracht. Warum sagt man denn introvertiert und nicht intravertiert? Weil es eine Richtungsangabe ist ( intro-vertiert = nach innen gekehrt). und genauso wie intravertiert (intra = innerhalb) falsch ist, ist auch extravertiert falsch, da extra keine Richtungsangabe ist. Allerdings gibt es im Lateinischen kein Pendant zu intro : die entsprechende Richtungsangabe wäre extrorsum. Da in diesem Wort vertere bereits enthalten ist, wäre ein Wortmonster "extrorsumvertiert" natürlich absolut indiskutabel.
Daher ist die Analogiebildung extrovertiert, die zudem leicht verständlich ist, m.E. die einzig logische Ausdrucksmöglichkeit.
ego sum medio quem flumine cernis,
stringentem ripas et pinguia culta secantem,
caeruleus Thybris, caelo gratissimus amnis
Benutzeravatar
Tiberis
Pater patriae
 
Beiträge: 11862
Registriert: Mi 25. Dez 2002, 20:03
Wohnort: Styria

Re: exterus nicht zu extro.

Beitragvon ille ego qui » Di 7. Mai 2019, 16:20

foras geht wohl auch in eine ähnliche Richtung, nicht wahr?

VALETE :)
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Re: exterus nicht zu extro.

Beitragvon iurisconsultus » Di 7. Mai 2019, 16:48

Laptop hat geschrieben:Sprachrichtigkeit nach tradierten Normen wird fallengelassen und alles wird gesegnet was nur populär genug ist


Existiert denn überhaupt ein Wörterbuch, das - anders als der Duden - der normativen und nicht der deskriptiven Linguistik verhaftet ist? Und hat nicht mit vollem Recht seit jeher und in allen Sprachen (auch zu Lebzeiten des klassischen Lateins) allein die Sprachgemeinschaft darüber befunden, wie sie ihre Sprache fortentwickelt?
Qui statuit aliquid parte inaudita altera,
aequum licet statuerit, haud aequus fuit.
(Sen. Med. 199-200)
Benutzeravatar
iurisconsultus
Dictator
 
Beiträge: 1238
Registriert: Di 31. Dez 2013, 15:37
Wohnort: Lentiae, in capite provinciae Austriae Superioris

Re: exterus nicht zu extro.

Beitragvon Laptop » Mi 8. Mai 2019, 00:12

Kann man so nicht sagen, daß die Sprachgemeintschaft etwas entscheidet, denn wer ist denn das? Die Kinder bekommen es in der Schule so gelernt wie das Kultusministerium den Lehrplan als Weisung ausliefert. Das sind die paar Kultusminister auf der Kultusministerkonferenz. Der Wir-Entscheiden-Gedanke ist Augenwischerei. Im Grunde entscheidet "das Volk" nur dann, wenn jedes Individuum (sagen wir "Du") so schreibt wie er gerade Lust und Laune hat, und das gibt dann
1. eine schlechte Note in Deutsch
2. die Bewerbung bei einem möglichen Arbeitgeber landet im Mülleimer
3. man macht einen ungebildeten und schlechten und inkompetenten Eindruck bei Kollegen, wenn sie Deine E-Mails lesen
usw. etc.
Wenn stärker normiert wird, folgt das Folg dementsprechend stärker der Norm. Wenn schwach normiert wird, dann dementsprechend schwächer. Warum nicht anfangen auch dialektale Varianten schriftsprachlich zuzulassen? Das wäre der folgerichtig-nächste Schritt richtung "De-Normierung". Aber die Norm hatte eben den Vorteil, daß daraus Hochdeutsch geworden ist und jeder Bajuvare einen Norddeutschen zumindest schriftlich einigermaßen versteht. Heute gibt es schon wieder solche die nach Alter Rechschreibung schreiben, und solche die nach Neuer. Genau das Sprach-Babel wollen wir wohl eher nicht. Ich plädiere gegen deskriptive Sprachregelung allgemein, und gg. die Duden-Politik im besonderen.
SI·CICERONEM·ÆMVLARIS·VERE·NON·VIVAS (get a life!) OBITER·DICTVM·BREVITAS·DELECTAT (keep it short and simple = kiss)
Benutzeravatar
Laptop
Augustus
 
Beiträge: 5733
Registriert: Sa 12. Mai 2007, 03:38


Zurück zu Lateinforum



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 10 Gäste