De Bello Gallico

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De Bello Gallico

Beitragvon medicus » Di 26. Mär 2019, 13:54

Salvete collegae doctissimi, longe desiderati,

Ich habe eine Grammatikfrage zu diesem Satz:
Quod cum ex omnibus paene partibus altissimas rupes haberet, una ex parte leniter
acclivis aditus in latitudinem non amplius pedum ducentorum relinquebatur.

Welche Art von Genitiv ist pedum ducentorum? Ist es ein Gen. partitivus oder qualitatis?
:help:
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Re: De Bello Gallico

Beitragvon Tiberis » Di 26. Mär 2019, 14:45

gen. qualitatis (v. MBS 289,3a), obwohl es sich eigentlich ja um Quantitätsangaben handelt.
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Re: De Bello Gallico

Beitragvon marcus03 » Di 26. Mär 2019, 15:30

Dazu las ich gerade folgenden Kommentar:

Tiberis liegt diesmal falsch. § 289, 3a gilt für Quantitäten von Konkreta (oben: vallo pedum XII). Hier steht der Gen. abhängig von einem Subst., das eine Maßangabe bezeichnet, v. MBS 294, 1.


https://www.albertmartin.de/latein/forum/?view=37846#11

:?
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Re: De Bello Gallico

Beitragvon Prudentius » Di 26. Mär 2019, 20:13

"Falsch" ist übertrieben, es gibt ja nur einen Genitiv, er bezeichnet "ein Verhältnis", für das die Grammatiker mehrere Etiketten verteilen.

"Gen. partitivus" oder "des geteilten Ganzen" heißt die übliche Antwort, es ist aber eine Verlegenheitsauskunft, es handelt sich in Wirklichkeit um den Begriffsnamen, der zu solchen Ausdrücken hinzugefügt wird wie plus, amplius, quid u.a.; diese Wörter haben eine rein logische Funktion (Quantoren), sie sind inhaltlich leer und müssen durch den Zusatz mit Inhalt gefüllt werden.

Die Grammatiker haben hier Sprachnot, wie auch bei anderen Gebieten; ich nenne mal den ehem. "Realis", der zu einem "Indefinitus" umgeschrieben wurde; hier bräuchte man Wahrheitswerte, offene und gebundene Variablen, generelle und spezielle Sätze.
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Re: De Bello Gallico

Beitragvon medicus » Di 26. Mär 2019, 21:39

Stomachatus hat geschrieben:Und was hast du davon, wenn Du das ermittelt hast?


Das frage ich mich langsam auch. :roll:
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Re: De Bello Gallico

Beitragvon Tiberis » Di 26. Mär 2019, 22:07

marcus03 hat geschrieben:Dazu las ich gerade folgenden Kommentar:Tiberis liegt diesmal falsch.

wieso ich in einem Forum erwähnt werde, in dem ich noch nie irgendeinen Beitrag geschrieben habe, ist mir schleierhaft. :? :verwirrt:
zur Sache selbst:
Die im MBS verwendete Nomenklatur ist mitunter problematisch, wie eben dieser § 294 ("gen. quantitatis").
nicht nur, dass Ausdrücke wie aliquantum temporis, plurimum gravitatis u.dgl. genauso gut (wenn nicht eher) als gen. partitivus verstanden werden können: ich verstehe auch nicht, worin der große Unterschied zwischen liber C paginarum (gen. qualitatis) und spatium C dierum (gen. quantitatis) bestehen sollte. MBS macht aber diesen Unterschied aus dem einzigen Grund, weil bereits das Wort spatium (im Ggs. zu liber) eine Quantität bezeichnet.
Mag ja sein, aber man kann grammatische Differenzierung auch übertreiben, gerade dann, wenn diese Differenzierung keinen Gewinn an Klarheit bringt. Dieser sogenannte genetivus quantitatis, der ein sonderbares Zwitterwesen zwischen gen. qual. und gen. part. darstellt, bringt diesen Gewinn an Klarheit jedenfalls nicht. Kein Wunder, dass es ihn im alten Menge (den ich gerade seiner Klarheit und Übersichtlichkeit wegen schätze) gar nicht erst gibt.
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Re: De Bello Gallico

Beitragvon marcus03 » Mi 27. Mär 2019, 06:43

Tiberis hat geschrieben:aber man kann grammatische Differenzierung auch übertreiben, gerade dann, wenn diese Differenzierung keinen Gewinn an Klarheit bringt.

Da bin auch ganz deiner Meinung. :klatsch:
Die Autoren scheinen sich hier v.a. profilieren und vom Vorgänger unterscheiden zu wollen.

PS:
"Im übrigen, mein Sohn, laß dich warnen! Es nimmt kein Ende mit dem vielen Bücherschreiben, und viel Studieren ermüdet den Leib."

"Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, das ist alles Windhauch."
(Kohelet)
Das gilt wohl auch für den gen. quantitatis. ;-)

Womit nichts gegen die ansonsten unbestrittene Qualität des MBS gesagt sein will!

PPS:
in latitudinem non amplius pedum ducentorum

Müsste man hier von einem gen. "quanticomparativus" sprechen, da er zusätzlich noch den Vergleichmaßstab enthält?
Dieser Hybridgenitiv scheint MBS entgangen zu sein. Ich rate dringend zu einer Überarbeitung, die dann
unter MBSM03 die Grammatikwelt revolutionieren könnte. Dieser Genitiv wäre dann quasi
das Elektron der Latinistik, mit dem ein funktionaler Dualismus (Quantitatis-Comparationis-Dualismus) erstmals klar nachgewiesen wäre. :lol:
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Re: De Bello Gallico

Beitragvon Prudentius » Fr 29. Mär 2019, 11:32

... dass ich vielleicht nicht so falsch liege


Hallo Stomachate, du liegst nicht so falsch, aber du giftest zuviel :( , das bringt nichts, nimm lieber eine pazifische :) Haltung ein, sieh unsere positiven Möglichkeiten und versuche, etwas daraus zu machen!

Du solltest differenzieren: dass die Philologen sich mit den §§ der Standardgrammatiken auskennen, ist nicht zu beanstanden, aber schlimm ist, dass sie dann immer meinen, das endgültig Richtige in der Hand zu haben. Die traditionelle Grammatik basiert auf einem Begriffssystem, das auf die aristotelische Logik zurückgeht; diese war lange Zeit unbefragt gültig, aber die Entwicklung ist darüber hinausgegangen. Der Begriffsrahmen, innerhalb dessen die Grammatik steht, hat sich stark verändert/erweitert; unsere Fachgenossen sind aber nicht mitgegangen, vllt. verstehen sie sich eben als "klassische" Philologen, und die Klassik kennt die ewig gleichen, hohen Ziele und Ideale. So sind wir nicht mehr kompatibel mit der Umwelt, oder man kann sagen, ins Abseits geraten.
Das moderne Ideal der Wissenschaft ist das ständige Umgehen mit Alternativen, man muss den Gedanken an sich heranlassen, dass die Gegenseite recht haben könnte; die wesentliche Haltung ist: man ist "falsifizierbar", wie Popper es ausdrückt. Man erstrebt das Gute, ist aber bereit , es durch das Bessere zu ersetzen.
Die Grammatik ist ein Regelsystem. Die heutige Wissenschaft hat für solche Systeme einen Standard entwickelt, an dem auch wir uns messen müssen.
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Re: De Bello Gallico

Beitragvon Laptop » Sa 30. Mär 2019, 18:42

Wie schon der geschätzte Prudentius sagte ... Diese Art von Genitiv bestimmt eine Eigenschaft (proprium) näher; ob nun Zeit, Anzahl, Farbe, Form, Maß, ist ja nicht sonderlich erheblich. Da nochmal kategorisch zu unterscheiden ... halt ich auch nicht für sinnvoll. Dann schon lieber auf deutsch sagen "pedum ducentorum -- von zweihundert Fuß -- ist eine Längen-Angabe", wenn man den Schüler informieren will. Namen suggerieren Kategorien, das bereitet dann bei Grenzfällen Schubladen-Kopfschmerzen. Lieber nicht. Oder wollen wir vielleicht noch einen "Genitiv der Strecke" einführen? :cry:
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