von Prudentius » So 21. Apr 2019, 09:51
Heinemann kenne ich nicht, aber dieser Gegensatz physis vs. thesis beherrscht die ganze klassische Zeit, die Sophisten zur Zeit des Sokrates waren darin führend; Platons ganzes Bemühen zielt darauf ab, ein Wissen zu gewinnen, das auf physis beruht, also fest verankert ist in der Natur der Sache, und nicht wie menschliche Satzung veränderbar.
Platons Dialog Kratylos geht um das Thema, ob die Richtigkeit der Namen auf der Natur beruht, oder auf Konvention, also thesis oder nomos.
Beim Recht gibt es außer den von menschlichen Gesetzgebern formulierten Gesetzen auch ein "Naturrecht", die "ungeschriebenen Gesetze" werden sie einmal bei Sophokles genannt; bei uns klingt das Thema noch nach, unter den Stichwörtern Naturrecht, Menschenrechte, Widerstandsrecht.
Was dir vorschwebt unter dem Naturbegriff, das ist, glaube ich, erst seit der Zeit der Industrialisierung entstanden, das Leiden des modernen Menschen an der Entfremdung vom eigentlich Menschlichen, das treibt den Menschen in den Wald, und das bewegt die Fahrzeugkolonnen an den Wochenanden hinaus in die Natur. Das bewegte auch schon Karl Marx, der den Menschen aus der Entfremdung befreien wollte, indem er ihn in den Besitz der Produktionsmittel setzen wollte.
Aber die Antiken hatten dieses Gefühl noch nicht, si sahen den Menschen noch als Teil der Physis.