"arachne" quantitäten

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"arachne" quantitäten

Beitragvon ille ego qui » Fr 14. Feb 2014, 19:26

salvete,
die frage hatte ich schon in latine loquendi gestellt, aber sie wurde gelöscht. daher weiß ich nicht, ob neben sursumdeorsum noch andere geantwortet haben oder antworten haben wollen.
ich hatte gefragt, ob "c(h)n" nicht muta cum liquida sei - und eigentlich dann in prosa mit der lateinischen betonung árachne - gegen den deutschen usus (der sich ja an lateinischen, nicht griechischen betonungsgesetzen zu orientieren pflegt) - zu rechnen sei.
sursumdeorsum hatte die vermutung ausgesprochen, vllt sei das a vor chn lang - wie in lateinisch aranea. mit dieser möglichkeit scheint der georges nicht zu rechnen.

valete :-)
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Zythophilus » Fr 14. Feb 2014, 21:00

Kommt irgendwo das Wort mit einer kurzen zweiten Silbe vor? Im Griechischen scheint es mir auf jeden Fall auf der zweiten Silbe betont zu werden, was ja auch die Standardbetonung ist, auch im 6. Buch der Metamorphosen, wo Arachnes dreimal am Ende eines Hexameters vorkommt, ist die Lage eindeutig.
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon ille ego qui » Sa 15. Feb 2014, 00:40

die Frage ist nun die:
- ist es zufall, dass -achn- an allen Stellen lang gemessen wird?
- ist das a eigentlich lang und es handelt sich um naturlänge?
- wiegt -chn-, evtl. aufgrund der aspiration, irgendwie doch mehr als sog. muta cum liquida und führt immer zu positionslänge?

der griechische akzent hilft wohl nichts für die frage nach der silbenquantität der paenultima (und also auch nichts für den lateinischen akzent, der nach grammatikermeinung offenbar auch bei übernommenen griechischen wörtern unabhängig vom ursprünglichen griechischen akzent nach der lateinischen paenultima-regel sozusagen "neu berechnet" wird). nur der lateinische steht in zusammenhang mit der frage, ob diese lang oder kurz ist.
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Tiberis » Sa 15. Feb 2014, 03:56

die aspiration spielt bezüglich der quantität wohl keine rolle. naturlänge liegt wohl auch nicht vor, jedenfalls nicht im griechischen. ich denke, der vergleich mit cycnus, dessen quantität je nach stellung im vers schwankt (Hor.c.4,2,25; anders id.c.4,3,20), zeigt, dass die muta cum liquida- kombination c(h)+n nicht automatisch positionslänge bewirkt.
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Lord Piergeiron » Sa 15. Feb 2014, 06:58

Tiberis, Du alter Dichter, Du schläfst wohl nie, wie früher, hm ? :wink:

:grouphug:

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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon ille ego qui » Sa 15. Feb 2014, 10:42

naturlänge liegt wohl auch nicht vor, jedenfalls nicht im griechischen


schließt Du das aus versen? oder vermutest Du das aufgrund der nicht eingezeichneten vokallänge in griechischen und lateinischen Wörterbüchern?
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Tiberis » Sa 15. Feb 2014, 15:18

Lord Piergeiron hat geschrieben:Tiberis, Du alter Dichter, Du schläfst wohl nie


doch, aber meistens tagsüber. :lol:
schön, wieder von dir zu hören! :)
optime vale!
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Tiberis » Sa 15. Feb 2014, 16:51

@ Ille

litteras electronicas tibi misi. :)
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Laptop » Sa 15. Feb 2014, 22:41

(Ich kann mein Posting nicht absenden, wenn gewisse Sonderzeichen vorhanden sind. Dann erscheint ein Datenbankfehler. Daher kann ich hier nicht posten, was ich posten wollte.)
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Zythophilus » Di 18. Feb 2014, 07:40

Natürlich ist davon auszugehen, dass auch ein ins Lateinische übernommene griech. Wort nach der paenultima-Regel betont wird. Unterschiede gibt es aber normalerweise nur in der Prosabetonung: Wenn der Grieche z.B. Eurydike in einem Hexameter verwenden will, so wird das nicht anders als in einem lateinischen Hexameter aussehen.
Gibt es Beispiele in der lateinischen Dichtung, an denen eine vor den Konsonanten chn stehende Silbe kurz zu messen ist?
Derzeit sieht es für mich so aus, dass hier das Zusammenwirken der originalen Betonung und die Möglichkeit, auch vor Muta cum liquida lang zu messen, Ovid zu der Betonung auf der zweiten Silbe, die zudem auch der lateinischen Prosabetonung entsprechen müsste, veranlasste. Prinzipiell wäre das Wort ja auch mit einer kurzen zweiten Silbe problemlos im Hexameter unterzubringen
Kommt Arachne in griechischen Versen vor? Wenn ja, mit welcher Betonung?
Kommt Arachne in lateinischen Versen vor außer im 6. Buch der Metamorphosen? Wenn ja, mit welcher Betonung?
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon SursumDeorsum » Di 18. Feb 2014, 11:12

Juv. 2, 56: Penelope melius, leuius torquetis Arachne.

Im Griechischen - ich wollte die Hesiodstelle kopieren, konnte aber den Beitrag dann nicht senden:

http://www.tlg.uci.edu/lsj/#eid=15081&context=lsj&action=from-ref
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Iuppiter est, quodcumque vides, quodcumque moveris.
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Sed mors certa facit. Pavido fortique cadendum est:
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Zythophilus » Di 18. Feb 2014, 13:49

Hesiod hat also Arachne am Schluss des Verses, und Juvenal macht es - wie schon Ovid - ebenso.
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Laptop » Di 18. Feb 2014, 22:20

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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Zythophilus » Mi 19. Feb 2014, 00:45

Tiberis hat schon in einem Beitrag darauf hingewiesen, dass z.B. cygnus ein kurz zu wertendes y haben kann, weil die Konsonanten als Muta cum liquida zu sehen sind. Bei Arachne scheint es seit Hesiod nur die Betonung auf der zweiten Silbe zu geben. Ich denke nicht, dass das einem Römer seltsam vorkam, wenn er bei einem Wort, das er als griechisches erkennen musste - auch die griech. Deklinationsform trug dazu bei - auch die griech. Betonung vor sich hatte. Sollte die Betonung Árachne auch möglich gewesen sein, so fehlen uns schlicht die Beweise.
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Re: "arachne" quantitäten

Beitragvon Laptop » Mi 19. Feb 2014, 02:38

Zythophilus hat geschrieben:Tiberis hat schon in einem Beitrag darauf hingewiesen, dass z.B. cygnus ein kurz zu wertendes y haben kann

Du meinst eine kurz zu wertende (weil offene) syllaba prima? Der Vokal y ist ja in cycnus immer kurz.

Hintergrund der Diskussion ist ja die Schlußfolgerung: WENN dichterisch eine Konsonantenverbindung bald silbengetrennt bald nicht-silbengetrennt erscheint, DANN darf sie in Prosa nur nicht-silbengetrennt verwendet werden. Aber irgendetwas stimmt an dieser Logik nicht, denn sonst würde man nicht aenígma, indígnus, larígnus, abségmen betonen. Eine mögliche Erklärung wäre, daß in dichterischer Lizenz auch ganz gewöhnliche geschlossene Silben zu offenen verwandelt werden dürfen.
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