Giovanni Pontano carm. 1,24 (imitatio Catulli)

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Giovanni Pontano carm. 1,24 (imitatio Catulli)

Beitragvon Treiciusvates » Mi 13. Nov 2013, 16:10

Liebes Forum,

morgen muss ich ein Referat u.a. über ein Kuss-Gedicht des humanistischen Dichters Giovani Pontano (1423 - 1503), was sich gleichsam auf Catulls carmina 5 und 99 bezieht. Mit dem Verständnis - vorallem der beiden Schlussverse - habe ich jedoch einige Schwierigkeiten...


Da mihi basiolum, mea Cinnama, quale furenti
antehac nulla viro femina surripuit,
cumque meis pariter coniunge labella labellis
pro serpente mihi sit vaga lingua duplex
morsibus in blandis desit dens, murmura desint
exclusus vaga spiritus ex anima
Lascivum satis est, quod mollis Francia libat,
verum hoc aureulum est, Cinnama, basiolum.

Mein Sekundärtext sagt folgendes: "[...] Der Abschluss bietet zuletzt eine überraschende Pointe, indem Pontano zur Steigerung der Einzigartigkeit von Cinnamas Küssen einen Vergleich einführt (7.f):

Lascivum satis est, quod mollis Francia libat,
verum hoc aureulum est, Cinnama, basiolum.

Das Gold ist - wie auch schon in einem früheren Gedicht (amores 1, 20, 38) auf Cinnamas Seiten, Francia tritt weit dahinter zurück. Es ist kaum zu vermeiden, das auch politische Wendung gegen die Ansprüche Frankreichs zu verstehen.

Mir ist leider nicht ganz klar, wie ich die beiden Verse zu übersetzen habe. Außerdem: Welche politischen Ansprüche hatte Francia (Frankreich) zur Entstehungszeit (1455) der Carmina (Band 1) Pontanos? Pontano war zu dieser Zeit wohl in Neapel, "wo er durch seinen Kontakt mit dem Humanisten Antonio Beccadelli eine Vertrauensstellung bei Hofe errang und nach Alfons I. auch seinem Nachfolger Ferdinand sowie dem Thronfolger Alfons Herzog von Kalabrien, dem nachmaligen König Alfons II., in verschiedenen Funktionen diente." (wikipedia).
Im Laufe des Textes - insbesondere in den beiden Schlussversen - tun sich mir leider noch weitere Verständnisprobleme auf. Diese sind im Folgenden fett markiert und mit in Klammern gesetzten Fragen markiert...

Zunächst ein Übersetzungsversuch von mir (Ich gehe dabei möglichst wörtlich vor):

Gib mir ein Küsschen, meine Cinema, einen wie beschaffenen
zuvor noch keine Frau einem heftig begehrenden Mann stahl,
wann immer deine Lippchen zugleich sich mit den meinen vereinigen,
möge mir gemäß einer Schlange eine doppelt sich windene (vaga) Zunge sein,
möge mir der Zahn bei zärtlichen Bissen, das Gemurmel fehlen
--- (was meint hier murmura?, ernsthaft Murmeln, also Geräusche, die beim sinnlichen Küssen als störend empfunden werden? ?...),---
ausgesperrt (exclusus) der Atem aus meiner unbeständigen (vaga) Seele.
Frech genug ist, was Francia zärtlich genießt,
wahrhaftig golden, Cinnama, ist dieser Kuss (machen die Schlussverse so überhaupt Sinn? oder anders gefragt: Ich verstehe nicht ganz, worauf die beiden Verse hinauslaufen... Welcher Sinn könnte dahinter stecken? )

Über Rückmeldungen wäre ich - wie immer! - überaus dankbar!

herzlichst!
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Re: Giovanni Pontano carm. 1,24 (imitatio Catulli)

Beitragvon Zythophilus » Mi 13. Nov 2013, 18:19

Im erwähnten Jahr 1455 unterstand das Königreich Neapel dem sizilianischen König Alfons V. (als König v. Neapel offenbar Alfons I.). Frankreich erhob Anspruch auf das Gebiet.
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Re: Giovanni Pontano carm. 1,24 (imitatio Catulli)

Beitragvon Treiciusvates » Mi 13. Nov 2013, 18:40

Zythophilus hat geschrieben:Im erwähnten Jahr 1455 unterstand das Königreich Neapel dem sizilianischen König Alfons V. (als König v. Neapel offenbar Alfons I.). Frankreich erhob Anspruch auf das Gebiet.


Herzlichen Dank!!!
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Re: Giovanni Pontano carm. 1,24 (imitatio Catulli)

Beitragvon Prudentius » Do 14. Nov 2013, 10:57

möge mir der Zahn bei zärtlichen Bissen, das Gemurmel fehlen
--- (was meint hier murmura?, ernsthaft Murmeln, also Geräusche, die beim sinnlichen Küssen als störend empfunden werden? ?...),---


Zubeißen bis zum Bluterguss geht zu weit, das versteht man doch?
"Gemurmel", erotisches Röcheln "störend" :-D , kann man so sagen, besonders für einen Beobachter.

Welcher Sinn könnte dahinter stecken?


Französische Küsse werden als sehr saftig, wasserreich hingestellt, libare heißt auch schütten, gießen.

Die Elegiker gebrauchern gern Deminutive: labellum, basiolum, auriolum.
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Re: Giovanni Pontano carm. 1,24 (imitatio Catulli)

Beitragvon Treiciusvates » Fr 15. Nov 2013, 14:16

vobis gratiam habeo!
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