Scheidungungszwang von Sulla ausgehend unwahrscheinlich?
a) Quellenlage: Caesar wahrscheinlich nicht im Amt
Die antiken Quellen
machen es wahrscheinlich, dass Caesar das Flamen-Amt zum fraglichen Zeitpunkt (Sullas Intervention) nicht angetreten hatte.
Hier dazu ein hilfreicher Conspectus:
http://romanhistorybooks.typepad.com/ro ... _dial.html
vgl die Basisüberlegungen unter d) Mommsen
Somit lässt sich durchaus interpolieren, dass eine Scheidung möglich war, dass sie eine Amtsübernahme
zumindest erschwerte und eine politische Laufbahn im Popularen-Lager verhindern konnte.
Allerdings: Eine explizite Formulierung dieser These ist auf die Schnelle nicht zu finden.
b) fakultativ: Caesar im Amt
Dann: Selbst wenn Caesar bei Sullas Intervention bereits das Amt innehatte, ist Suetons Darstellung auf der immanent-logischen Ebene nicht unbedingt unwahrscheinlich:
Warum sollte es einem absoluten Herrscher wie Sulla nicht möglich sein, gewisse Lücken und Rabulismen zu kennen und Caesar dazu zu zwingen, deren Vorliegen zu bestätigen?
Und selbst wenn dieses Argument nicht gilt: Warum sollte Sueton eine Darstellung erfinden, von der kompetente zeitgenössische Leser annehmen mussten, dass entsprechende soziokulturell fundierte Prämissen nicht vorlagen?
c) Patt
Also müsste man - so scheint mir - in der Frage, ob Sueton eine
Bunte-Recherchier-Mentalität hatte, bei Ja und Nein zumindest (bei Beschränkung auf b) eine Pattsituation ansetzen.
d) Mommsen
Als Caesars Geburtsjahr pflegt man das Jahr 654 (100) anzusetzen, weil
er nach Sueton (Caes. 88), Plutarch (Caes. 69) und Appian (civ. 2 149) bei
seinem Tode (15. Maerz 710 44) im 56. Jahre stand; womit auch die Angabe, dass
er zur Zeit der Sullanischen Proskription (672 82) achtzehn Jahre alt gewesen
(Vell. 2, 41), ungefaehr uebereinstimmt.
Aber in unaufloeslichem Widerspruch damit steht es, dass Caesar im Jahre 689 (65) die Aedilitaet, 692 (62) die
Praetur, 695 (59) das Konsulat bekleidet hat und jene Aemter nach den
Annalgesetzen fruehestens resp. im 37/38., 40/41. und 43/44. Lebensjahr
bekleidet werden durften. Es ist nicht abzusehen, wie Caesar saemtliche
kurulischen Aemter zwei Jahre vor der gesetzlichen Zeit bekleidet haben, noch
weniger, dass hiervon nirgends Erwaehnung geschehen sein sollte.
Vielmehr legen diese Tatsachen die Vermutung nahe, dass er, da sein Geburtstag unbezweifelt auf
den 12. Juli fiel, nicht 654 (100), sondern 652 (102) geboren ist, also im Jahre
672 (82) im 20/21. Lebensjahre stand und nicht im 56., sondern 57 Jahre 8 Monate
alt starb. Fuer diesen letzteren Ansatz laesst sich ferner geltend machen, was
man auffallenderweise dagegen angefuehrt hat, dass Caesar "paene puer" von
Marius und Cinna zum Flamen des Jupiter bestellt wurde (Vell. 2, 43); denn
Marius starb im Januar 668 (86), wo Caesar nach dem gewoehnlichen Ansatz
dreizehn Jahre und sechs Monate alt, also nicht "beinahe", wie Velleius sagt,
sondern wirklich noch Knabe und aus diesem Grunde eines solchen Priestertums
kaum faehig war. War er dagegen im Juli 652 (102) geboren, so stand er bei dem
Tode des Marius im sechzehnten Lebensjahr; und dazu stimmt die Bezeichnung bei
Velleius wie die allgemeine Regel, dass buergerliche Stellungen nicht vor Ablauf
des Knabenalters uebernommen werden.
Zu diesem letzteren Ansatz passt es ferner allein, dass die um den Ausbruch des Buergerkrieges von Caesar geschlagenen
Denare mit der Zahl LII, wahrscheinlich dem Lebensjahr, bezeichnet sind; denn
als er begann, war Caesar hiernach etwas ueber 52 Jahre alt. Auch ist es nicht
so verwegen, wie es uns an regelmaessige und amtliche Geburtslisten Gewoehnten
erscheint, in dieser Hinsicht unsere Gewaehrsmaenner eines Irrtum zu zeihen.
Jene vier Angaben koennen sehr wohl alle auf eine gemeinschaftliche Quelle
zurueckgehen und duerfen ueberhaupt, da fuer die aeltere Zeit vor dem Beginn der
acta diurna die Angaben ueber die Geburtsjahre auch der bekanntesten und
hoechstgestellten Roemer, zum Beispiel ueber das des Pompeius, in der
auffallendsten Weise schwanken, auf keine sehr hohe Glaubwuerdigkeit Anspruch
machen. Vgl. Roemisches Staatsrecht, Bd. 1, S. 570.
http://www.gutenberg.org/dirs/etext02/5momm10.txt
valete