Substrat u. Substanz / Kategorienlehre

Diskussionen zu den antiken Philosophen, ihren Ideen und ihrer Rezeption

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Substrat u. Substanz / Kategorienlehre

Beitragvon Ioscius » Di 19. Apr 2016, 13:06

Hallo,

ich komme bei Aristoteles' Kategorienlehre nicht weiter. Soweit ich verstanden habe, zeigt A. damit, auf welche Weise Gegenstände klassifiziert werden können, und sofern es sich nicht um das "ti?" handelt, handelt es sich um Akzidentialien (spielen, sitzen, groß sein..).

Nun verstehe ich "präzidieren" als "einer allgemeineren Kategorie zuweisen", vor allem wenn es darum geht, von einem Einzelgegenstand eine Art oder Gattung auszusagen. "Max ist ein Mensch." "Der Mensch ist ein Lebewesen". Das zeigt, dass das Prädikat immer etwas allgemeineres ist, weil "Max" nicht prädiziert werden kann.

Ich bin nur insofern verwirrt, als es Ausnahmen geben muss. Ich kann schließlich sagen "Diese Perosn ist Max", also eine Art gleichrangiges, identifizierendes "sein".
Ebenso gibt es ja statistische Aussagen wie "jeder Autoanzünder ist ein Linksextremer, aber nicht jeder Linksextremer ist ein Autoanzünder".
Bedeutet das,"Linksextremer" ist eine allgemeinere Gattung, "Autoanzünder" die spezifischere Art?
Und bei letzterem Satz mache ich ja genau das Gegenteil, das Prädikatsnomen ist das spezifischere??!!

Ebenso finde ich es verwirrend, dass Definitionen "per genus proximum et differentia specifica" geschehen, das heißt, man definiert Dinge mittels "allgemeineren Merkmalen?" Schließlich ist der Einzelgegenstand ja schon das spezifischste, nicht mehr prädizierbare..
Und jedes andere Bestimmen (also nicht das ganz bestimmte Bestimmen, das Definieiren) handelt mich Akzidentialien, die wohl zufällig der jewieligen Substanz inhärieren, aber mittels der er dennoch unetrschieden werden kann: bspw. Person a von b anhand der Akzidentien Größe, Haarfarbe.. richtig ?

Und kann man sagen, dass Aristoteles empirischere, nicht ganz so metaphysische Ansicht wie Platon auch darin zum Ausdruck kommt, dass er eben den ideen, die ja allgemeine, nichtsinnliche Merkmale sind, noch die konkreten Einzeldinge zugrundelegt (also bspw. wäre "Mensch" nisht das letzte, sodnern konkrete Einzelpersonen wie "Max".)
Fragen, die man aufschieben kann, ich möchte das Thema nicht überfrachten: Was ist der Unterschied zwischen Substanz und Substrat, m.E. stehen sie beide für den individuellen Einzelgegenstand (alle Lexikonartikel haben mich bis jetzt verwirrt..)
- Unterschied zum Hypostrat
- Unterschied zu Prädikabilien

Viele Grüße
Ioscius
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Re: Substrat u. Substanz / Kategorienlehre

Beitragvon Prudentius » Do 21. Apr 2016, 19:52

Hallo Josci,

" Soweit ich verstanden habe, zeigt A. damit, auf welche Weise Gegenstände klassifiziert werden können, und sofern es sich nicht um das "ti?" handelt, handelt es sich um Akzidentialien (spielen, sitzen, groß sein..)"

Du siehst es zu starr an, die Begriffe Substzanz / Akzidens werden relativ verwendet, je nachdem; auch Spielen kann substanziell gebraucht sein: "Spielen" gegenüber "Ballspielen"; das Ballspielen ist gegenüber dem Spielen akzidentiell.
Bei A. weiß man nicht genau, ob Gegenstände, Begriffe oder Wortarten (Substantiv / Adjektiv) kategorisiert werden.

"Max ist ein Mensch." "Der Mensch ist ein Lebewesen", du stellst hier zwei unterschiedliche Satzarten zusammen, das "ist" hat verschiedene Bedeutung, "Max ist ein Mensch." stellt eine Element-Menge-Relation dar, mit dem Symbol ∈ geschrieben, und der andere Satz eine Teilmengenrelation, ⊆ . Analog sind diese beiden Sätze: "3 ist eine Zahl" und "Brüche sind Zahlen".

"Das zeigt, dass das Prädikat immer etwas allgemeineres ist", ja, "das Quadrat ist ein Viereck", Viereck ist allgemeiner als Q., weil es ja viel mehr Vierecke als Q. gibt; man sagt auch: Viereck ist Oberbegriff zu Q.

"weil "Max" nicht prädiziert werden kann", undurchsichtige Begründung.

"Ich bin nur insofern verwirrt, als es Ausnahmen geben muss. Ich kann schließlich sagen "Diese Perosn ist Max", also eine Art gleichrangiges, identifizierendes "sein".

Diese zwei Satzformen sind ja nicht erschöpfend, deshalb sollst du nicht verwirrt sein, und es sind nicht "Ausnahmen", sondern andere Satzarten: "Diese Person ist Max" ist eine Identitätsrelation, durch das Symbol "=" bezeichnet; Rechenresultate haben immer diese Form, und im Krimi: "Wer ist der Täter?", immer mit bestimmtem Artikel im Prädikat. Beim identischen Urteil ist das Prädikat auch nicht allgemeiner, S und P können ja umgekehrt werden.

Also wenn du es mit diesen Sachen zu tun hast, wäre es nicht schlecht, mal was Einführendes zur Logik zu lesen,

lgr. P.
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Re: Substrat u. Substanz / Kategorienlehre

Beitragvon Prudentius » Mo 25. Apr 2016, 08:29

Ioscius hat geschrieben:Ebenso finde ich es verwirrend, dass Definitionen "per genus proximum et differentiam specificam" geschehen, das heißt, man definiert Dinge mittels "allgemeineren Merkmalen?" Schließlich ist der Einzelgegenstand ja schon das spezifischste, nicht mehr prädizierbare..


Man definiert nicht "Dinge" und nicht "Einzelgegenstände", sondern Begriffe: der Begriff Quadrat kann durch den Oberbegriff "Rechteck" und die Differenz "gleichseitig" definiert werden.

" Schließlich ist der Einzelgegenstand ja schon das spezifischste, nicht mehr prädizierbare..": Du verwechselst das Prädizierte und das Prädizierende: "Das hier ist ein Quadrat", prädizierbar ist der Begriff, nicht "das hier", der Einzelgegenstand; von dem Einzelgegenstand wird etwas prädiziert, nämlich dass er ein Q. ist.

lgr. P.
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