Hallo,
im Rahmen meines Studiums befasse mich seit wenigen Wochen mit der Philosophie des Aristoteles, insb. im Rahmen des VI. Buches der Nikomachischen Ethik, wo es um die dianoetischen Tugenden/ hexeis geht.So möchte ich jetzt verschiedene, voneinander getrennte Fragen stellen und werde sie der Übersichtlichkeit halber in verschiedene Threads aufteilen.
Oftmals lese ich, dass A’ Theorie im Gegensatz zu Platons nicht so metaphysisch/ transzendent ausgerichtet ist. Wie ist das zu verstehen? Es geht wohl auch darum, wie Normen (in der Ethik) zustande kommen. Wie sieht es dabei (wie auch bei der Gerechtigkeit aus)?
Bei Platon ist es klar: Nach der Ideenlehre gibt es eine richtige Vorstellung vom guten Leben du von der Gerechtigkeit.
Die Schwierigkeit bei A ist nun, dass im logistischen Seelenbereich zwischen dem praktisch-überlegenden und theoretisch-wissenden Teil unterschieden wird. M. E. handelt es sich bei den ewigen, immer gleichen Dingen (ἐπιστημονικόν Seelenteil) auch um objektive, vom Menschen unabhängige Dinge. Ist das nun nicht transzendent?
Meine Vermutung aber: Diese Dinge dieses theoretischen Teils (ἐπιστήμη, σοφία) haben aber absolut nichts mit dem Handeln des Menschen (λογιστικόν: φρόνησις, ποίησις, πρᾶξις) zu tun, folglich müssen die Normen, wie man handeln soll bzw. muss das Feld der ethischen Tugend Gerechtigkeit etc. aus einem subjektiven, menschlichen Bereich bezogen werden.
Unabhängig davon, dass ich diese Unterscheidung höchst problematisch finde, weil theoretisches Wissen (wie bspw. Mathematik) auch im Praktischen bereich Anwendung findet: Ist das laut A so streng getrennt? Muss er es wohl tun, um seine Lehre des βίος θεωρητικός zu rechtfertigen, nach dem die Vernunft ganz um seiner selbst willen betätigt wird?
Können denn laut A nur Menschen mitgleicher Kultur/ in derselben πόλις gerecht handeln etc? Gibt es objektive, von menschlicher Kultur u. Lebensformen unabhängige Werte?
Vielen Dank für eure Hilfe!
Ioscius