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Beitragvon Odinus Thorus » Di 16. Nov 2021, 09:06

Was sagt Ihr zu dieser These:

Ich hatte irgendwann mal geschrieben, dass es im Englischen ja nur noch das Du gebe und sich alle mit Vornamen anredeten, und ich mir etwas komisch vorkomme, wenn ich denselben Kollegen mit „Sie, Herr X“ anrede, kommt aber ein fremdsprachiger Kollege ins Zimmer, dann in das „you, Frank“, wechseln soll. Das könnte womöglich daran liegen, dass sich die Amygdala dann mit der Einteilung Freund-Feind schwer tut und anmeckert „Ja, was denn nun, entscheide Dich mal, Großhirn!“. So ein bisschen wie die Light-Version meines Telefonates mit einem Zwitter, bei dem eine Stelle im Hirn dauernt meckerte, weil sie nicht wusste, ob sie den Gesprächspartner als Mann oder als Frau erkennen solle. Kategorisierungen Mann/Frau, Freund/Feind.

Dazu schrieben mir mehrere Leser, dass ich dabei einen Fehler gemacht hätte. Denn das englische „you“ stehe historisch und sprachlich keineswegs für das „Du“, sondern entspräche dem „Sie“, weil es eigentlich eine Pluralanrede sei. Das „Du“ sei im Englischen das „thou“, und das sei weggefallen. Im Prinzip würde man sich im Englischen nur noch Siezen als einzige Form. Das sei aber inzwischen eben so vulgär runtergekommen und mit dem Vornamen verbunden worden, dass es vom Umgang her inzwischen eher unserem Du entspräche.

Was zumindest mal bedeutet, dass es diese Unterscheidung auch im Englischen gab.

Historisch gesehen ist die Unterscheidung zwischen Du und Sie, zumindest soweit ich weiß, aus dem despektierlichen Singular und dem respektvolleren (wenn gegenüber einer Einzelperson benutzt) Plural (vgl. Pluralis Majestatis) entstanden, verbunden mit der „höflichen“ Redeform, andere in der dritten Person anzusprechen („Hat er gedient?“). Verbindet man beides, nämlich die Anrede in der dritten Person mit dem Höflichkeitsplural, kommt man grammatikalisch bei unserem „Sie“ heraus.

Und das scheint, basierend auf der Erzählung des Lesers, nicht auf der Informationskarteikarte im rationalen Teil des Gehirns gespeichert zu werden, sondern in der Freund-Feind-Kennung.


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Odinus Thorus
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