Teekessel

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Teekessel

Beitragvon sinemetu » Mo 30. Dez 2019, 16:55

Kann jemand erklären, warum man das Suchen nach Homonymen Teekessel nennt? Mir fehlt das TC.
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Re: Teekessel

Beitragvon marcus03 » Mo 30. Dez 2019, 17:00

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Re: Teekessel

Beitragvon sinemetu » Mo 30. Dez 2019, 17:45

Danke, jetzt müssen wir nur noch wissen, ob das jid. Kessil auf dt. Kessel zurückgeht, oder auf eine hebr. Vorlage. Im ersteren Fall müssen wir fragen, warum ein leerer Kopf mit einem Kessel verglichen wird? Wohl, wie sich vermuten lässt, weil auch der Topf leer ist. Dann wäre die Leere das TC.
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Re: Teekessel

Beitragvon medicus » Mo 30. Dez 2019, 18:11

Das Wort leitet sich von jiddisch "kessil" = "Narr" ab, von ursprünglich hebräisch "kesīl" = "dick, fett"
https://www.facebook.com/209463516303/p ... 04/?type=3

TC= fett, faul, dumm
https://programm.ard.de/?sendung=2800713255806155
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Re: Teekessel

Beitragvon marcus03 » Mo 30. Dez 2019, 18:18

Das Wort leitet sich von jiddisch "kessil" = "Narr" ab, von ursprünglich hebräisch "kesīl" = "dick, fett".


Kessel m. ‘bauchiges Gefäß zum Erhitzen von Flüssigkeiten, gerundete Talsenke, Geländevertiefung’, ahd. keʒʒil (9. Jh.), mhd. keʒʒel ‘Behälter für Flüssigkeiten, Vertiefung’, asächs. ketil, mnd. mnl. kētel, nl. ketel, aengl. cetel, (westsächs.) cietel, anord. ketill (daraus entlehnt engl. kettle), got. katilē (Genitiv Plur.) werden als Entlehnungen aus lat. catillus (Deminutivum von lat. catīnus ‘irdene Pfanne, Napf, flache Schüssel’) betrachtet, das die Germanen als Bezeichnung für den ‘Wasserbehälter der Feuerspritze’ kennenlernen. Auf unmittelbarer Entlehnung aus lat. catīnus beruhen ahd. (9. Jh.), mhd. keʒʒī ‘Kessel’, aber vielleicht auch die oben genannten Formen, die dann auf dem Wege des Suffixtausches das Suffix für Gerätebezeichnungen germ. -ila- angenommen hätten.


Eien Zusammenhang schließe ich aus. Hebräisch gehört einer völlig anderen Sprachfamilie an, wie du weißt.
Wenn, dann kamen hebräische Wörter über das Jiddische in Deutsche, aber nicht ungekehrt.
(z.B. Ganove < ganab= stehlen)
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Re: Teekessel

Beitragvon Zythophilus » Mo 30. Dez 2019, 18:59

Beim antiken Hebräisch, das als reine Kultsprache weiterlebte, dürften Fremdwörter aus dem Deutschen nicht vorkommen. Im modernen Hebräisch gibt es solche durchaus. Das At-Zeichen, bei uns gar nicht mehr so häufig als "Klammeraffe" tutuliert, heißt in Israel umgangssprachlich "Strudel" שטרודל.
Zuletzt geändert von Zythophilus am Mo 30. Dez 2019, 21:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Teekessel

Beitragvon sinemetu » Mo 30. Dez 2019, 19:50

Die Bedeutungsübertragung des Begriffs „Teekessel“ mit den genannten Konnotationen auf das gleichnamige Gesellschaftsspiel läßt sich so erklären, dass Beobachter den Eindruck hatten, bei den Spielern handele es sich um Menschen, die sonst nichts mit sich anzufangen wissen. Dabei ist das Teekesselspiel durchaus zu etwas nütze: es vertreibt einem nicht nur die Zeit, es trainiert gleichzeitig auch die Sprachfähigkeit.


Ich bin unzufrieden! Ich halte das Fette für an den Haaren herbeigezogen. Es ist auch nicht deutlich, warum man das hebr. Kesil hierherzieht? Das Spiel hieß immer Teekessel, nie Kessel. Und mit Dummheit hat es absolut nichts zu tun. Natürlich ist Kessel lat. Ursprungs, und nie und nimmer vom Hebr. beeinflusst. Der Gleich- bzw. Anklang Kessel - Kesil mag als Homonym aufgefasst worden sein. Aber, was ist dann mit dem Tee?

Ich kann im Gesenius auch kein solches Wort mit den angegebene Bedeutungen finden.
faul: פויל
fett פעט
dumm נאַריש
alles schön deutsche Worte... so ganz klein ist mein hebr. Wortschatz auch nicht ... aber im Hebr. gibts noch kislah - Torheit, dort wird es wohl hingehören.
Zuletzt geändert von sinemetu am Di 31. Dez 2019, 09:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Teekessel

Beitragvon marcus03 » Di 31. Dez 2019, 08:10

sinemetu hat geschrieben:was ist dann mit dem Tee?

Der Araber/Semite trinkt Tee, wenn er nichts zu tun hat, und macht dabei vlt. auch Sprachspielchen.
Tee und (Sprach)Spiele! Die semitische Version von "Panem et Circenses"! ;-)
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Re: Teekessel

Beitragvon sinemetu » Di 31. Dez 2019, 09:20

Diese oben angeführte Erklärung zur Bedeutungsübertragung des Wortes Teekessel (Positiv) auf das Spiel (Ableitung) ist mithin philologische Phantastik ...
Die Bedeutungsübertragung des Begriffs „Teekessel“ mit den genannten Konnotationen auf das gleichnamige Gesellschaftsspiel läßt sich so erklären, dass Beobachter den Eindruck hatten, bei den Spielern handele es sich um Menschen, die sonst nichts mit sich anzufangen wissen.

.. denn sie läßt sich zwar so denken, ist aber aus unten angeführten Gründen ziemlich unwahrscheinlich.

Wir müssen auch den Mut haben, zu Bekennen, bei der Suche nach den TC Teekessel bleiben die bisherigen Erklärungen im Bereich der spielerischen Vermutung und damit das TC unerklärt. Der Tee im Wort bleibt unmotiviert, und die Verwendung des Kompositums Teekessel insgesamt unerklärt. Ebenso offen ist die Frage, ob eventuell das hebr. Wortes Kesil im TeeKessel semantisch anwesend ist. Ich kann es nicht erkennen.
Stämme fremder Sprachen zeichnen ihre Anwesenheit gewöhnlich durch eine vollkommen abweichende Semantik aus, siehe Moos (grün) - Moos (Geld). Was die Bedeutung "dumm" mit Tee oder Kessel oder gar dem intelligenten Spiel zu tun haben könnte, wird eben nicht erklärt. Der alleinige Anklang reicht nicht.
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Re: Teekessel

Beitragvon marcus03 » Di 31. Dez 2019, 09:54

sinemetu hat geschrieben:Diese oben angeführte Erklärung zur Bedeutungsübertragung des Wortes Teekessel (Positiv) auf das Spiel (Ableitung) ist mithin philologische Phantastik ...

Und was ist mit dem Sitz im Leben? Dazu passt doch mein Erklärungsversuch. :?
Du selber argumentierst oft mit ihm bei Wortherleitungen.
Der Tee ist (vorder)orientalisches Kulturgut.
Ergo: Theam et ludos linguales! :D

PS:
Lasst uns Tee trinken und Sprachspielchen machen, sprach der Scheich, den Sport treiben wir anschließend gut gelaunt im Harem. ;-)
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Re: Teekessel

Beitragvon sinemetu » Di 31. Dez 2019, 10:13

marcus03 hat geschrieben:Und was ist mit dem Sitz im Leben? Dazu passt doch mein Erklärungsversuch. :?

Sicherlich trinkt man oft Tee und spielt dabei. Aber es gibt 1000 Spiele. Und von Teetrinken zu Teekessel ist es auch noch ein Weg. Darum stelle ich erst einmal die Frage: Gibt es im Deutschen einen sprachlich manifestierten, also als Begriff und Wort verankerten, Hinweis, daß man beim Teetrinken spielt?

marcus03 hat geschrieben:Du selber argumentierst oft mit ihm bei Wortherleitungen.
Der Tee ist (vorder)orientalisches Kulturgut.
Ergo: Theam et ludos linguales! :D


Der Sitz im Leben ist nicht abwegig, aber er genügt hier nicht, weil es zuviel Spiele gibt. In den Kaffeehäusern wird viel gespielt, aber dann bring ein Wort aus einer Sprache, die in den Tee- und Kaffeehäusern gesprochen werden. Es gibt hinreichend Sprachen. Vielleicht würd ich mit Türkisch anfangen, denn Istanbul-Wien wäre der Weg, wie das zu uns gekommen sein müßte, wenn es ein Wanderwort ist und mit der Kaffehauskultur in Verbindung steht.

Welche Kulturen kennen das Spiel, und wie heißt es dort? Da es Homonyme überall gibt, wird das Spiel nicht nur an einem Ort erfunden worden sein. Hast Du Dich mal mit Chinesisch beschäftigt? Tee kommt aus China und gerade die vielen Bedeutungen jeweils eines Zeichens fordern dieses Spiel geradezu heraus. z.B. sage mir alle Bedeutungen von Shu... Hier wäre es sicherlich über England gekommen.

Leider gibt es in Wiki keine Hinweise auf andere Sprachen zu genau dem Spiel...
https://de.wikipedia.org/wiki/Teekesselchen
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Re: Teekessel

Beitragvon sinemetu » Di 31. Dez 2019, 10:33

Es gibt sogar eine Ableitung zu Teekesselchen...

Die trennung von Wort und begriff findet erst dann statt, wenn die Schueler in das sogenannte "Teekessel"-Alter kommen
Kommentar
In a piece relating to Steiner education, about children in their 'fifth school year' (about age 12?)
Haven't a clue - does anyone else??

Quelle: https://dict.leo.org/forum/viewUnsolved ... de&lp=ende
Zuletzt geändert von sinemetu am Di 31. Dez 2019, 10:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Teekessel

Beitragvon marcus03 » Di 31. Dez 2019, 10:36

Es geht weniger um das Spiel als um das Teetrinken beim Spielen. Die Quantität der Spiele ist
irrelevant.
Es geht um ein typisches Spiel, das Gelangweilte beim Teetrinken oft gespielt haben könnten.
Gerade in blumigen Sprachen wie dem Arabischen kann ich mir das gut vorstellen.
Diese Spielerei hat dann dort die Runde gemacht, wo es zu Berührungen der Kulturen kam.
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Re: Teekessel

Beitragvon sinemetu » Di 31. Dez 2019, 10:40

marcus03 hat geschrieben:Es geht weniger um das Spiel als um das Teetrinken beim Spielen. Die Quantität der Spiele ist
irrelevant.
Es geht um ein typisches Spiel, das Gelangweilte beim Teetrinken oft gespielt haben könnten.
Gerade in blumigen Sprachen wie dem Arabischen kann ich mir das gut vorstellen.
Diese Spielerei hat dann dort die Runde gemacht, wo es zu Berührungen der Kulturen kam.

Okay, dann bring das Wort aus dem Arabischen oder sonst einer Sprache für genau dies Spiel. Vllt hast Du Glück, und es ist genau das Wort. Ich versuche gerade das englische Wort rauszufinden ....

1. Bei uns gibt es das Wort für den Begriff
2. Die Eigenbildung läßt sich nicht schlüssig nachweisen
3. Dann muß Einwanderung untersucht werden.
4. Dein Sitz im Leben ist vorstellbar.
5. Überträgersprache ...?
6. Vorstellbar ist nicht: In Arabien wird das Spiel so, aber unbenannt, gespielt, und wir haben das Wort dazu!
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Re: Teekessel

Beitragvon marcus03 » Di 31. Dez 2019, 11:37

sinemetu hat geschrieben:Ich versuche gerade das englische Wort rauszufinden ....

Die derzeit bekannte früheste Erwähnung und Beschreibung dieses Spiels findet sich in The Book of a Hundred Games von Mary White, (1896), S. 117, unter der englischen Bezeichnung Teapot.[1]


sinemetu hat geschrieben:2. Die Eigenbildung läßt sich nicht schlüssig nachweisen

Eine Hybridbildung über das Jiddische??
Auch im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm ist unter „Teekessel“ „Bezeichnung eines Dummkopfs“ angegeben. Der Quellenlage nach hat der Begriff seinen Ursprung in der Hallenser Studentensprache in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine etymologische Deutung verweist auf das jiddische „kessil“, was soviel wie „Narr“ bedeutet.
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