Theosis

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Theosis

Beitragvon sinemetu » So 22. Dez 2019, 15:00

Wo sind eigentlich die Ursprünge der Theosis zu suchen, also der Vorstellung, daß Menschen zu Göttern erhoben oder heraufgehoben werden können. Das hat es doch schon im griechischen Altertum gegeben. Weiss jemand Textstellen?
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Re: Theosis

Beitragvon marcus03 » So 22. Dez 2019, 15:26

Der Gedanke einer Apotheose hat seinen Ursprung im ägyptischen und griechischen Altertum in einer Zeit, als geglaubt wurde, dass „große Persönlichkeiten“ zu Göttern würden und wie diese verehrt wurden. Hinter der Divinisierung zu Lebzeiten steckt auch der Gedanke, dass sich eine lebende Gottheit stärker um das Wohlergehen eines Volkes oder einer Gemeinschaft kümmert, als ein einfacher Herrscher. Der Schutz dieser Gottheit ist umso stärker und größer, je eher der Herrscher auf eine göttliche Abstammung verweisen kann (so etwa bei Augustus als Großneffe des Divus Iulius Gaius Julius Caesar).


https://wortwuchs.net/apotheose/

https://www.gottwein.de/Lat/ov/ovfast02491-512.php
https://www.gottwein.de/lattxt/Liv.01.16.php
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Re: Theosis

Beitragvon sinemetu » So 22. Dez 2019, 15:33

Danke, das Wort
OMHPOE
scheint eine Kontamination von HOMEROS und HEROS zu sein?

Aber, besteht nicht ein Unterschied, zwischen der Apotheose, die der Staat mit jemandem bewerkstelligt, die also ein politisches Geschehen ist, und der Theosis, dem Streben der Helden, unter die Götter aufgenommen zu werden.
Zuletzt geändert von sinemetu am So 22. Dez 2019, 15:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Theosis

Beitragvon marcus03 » So 22. Dez 2019, 15:41

Theosis („Vergöttlichung, Vergottung“; Griechisch: Θεωσις; auch: theiosis, theopoiesis, theōsis) bezeichnet in den Orthodoxen Kirchen, den Altorientalischen Kirchen und den katholischen Ostkirchen die Errettung aus der Unheiligkeit zur Teilnahme am Leben Gottes. Die Theosis steht im Zentrum der orthodoxen Spiritualität.[1]
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Re: Theosis

Beitragvon sinemetu » So 22. Dez 2019, 15:47

Wenn das Wort Apotheosis schon vorchristlich ist, was niemand bezweifelt, wird dies wohl schwerlich dem zugrundeliegenden positiven Wort vorzuenthalten sein. Die spezifische, hier zitierte "christliche" Bedeutung muß daher sekundär sein!
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Re: Theosis

Beitragvon marcus03 » So 22. Dez 2019, 15:57

Der Begriff wurde wohl in Abgrenzung zur Apotheose bewusst so gewählt:

http://www.zeno.org/Eisler-1904/A/Theosis?hl=theosis

vgl:
Bibelstelle(n): Johannes 10,34; Psalm 82,6
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Re: Theosis

Beitragvon sinemetu » So 22. Dez 2019, 16:34

marcus03 hat geschrieben:Psalm 82,6

Du meinst von LXX vorgeprägt, eventuell judäischer Provenienz?
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Re: Theosis

Beitragvon marcus03 » So 22. Dez 2019, 17:22

Hier eine Auslegung:
https://www.gotquestions.org/Deutsch/ih ... otter.html

Die Vorstellung, dass der Mensch etwas Göttliches sei, findet sich bekanntlichbereits in der Genesis (Ebenbild Gottes).
Er ist Sachwalter Gottes auf Erden, sollte also in dessen Sinn handeln.
Das Bild des Theosis-Menschen hat eine andere Qualität als das des Apotheosis-Pendants,
homo vere humanus = divus contra homo gloriosus, potens, inclutus, ...

vgl:
"Machs wie Gott, werde (ein wahrer= menschlicher) Mensch" (K. Hemmerle)
Hominem esse semper hominem fieri. Schaffen tuts eh keiner hoc in mundo! :)
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Re: Theosis

Beitragvon Prudentius » Mo 23. Dez 2019, 10:10

Die gr. Ostkirche unterscheidet sich in der Blickrichtung völlig von der l. Westkirche; die Lateiner blicken vom Göttlichen her auf das Menschliche, das Mystische wird möglichst begrifflich erschlossen, "credo ut intelligam" lautet die Devise, seit Augustinus, und die Tendenz kommt zu ihrem Höhepunkt in der "Summa theol." des Thomas v. A., das ist ein gewaltiges Gedankengebäude, ein Triumph des Rationalismus; "Analyse" kann man die Methode nennen, Zerlegung in begriffliche Bestandteile, Unterschiede herausarbeiten.
Die gr. Kirche geht umgekehrt vor, bei der Einleitung des Gottesdienstes wird gebetet: "Jetzt lassen wir alles Menschliche unter uns und begeben uns in die himmlischen Heerscharen und stimen ein in den Lobgesang Gottes ...", also "Synthese" kann man hier sagen (im Gegensatz zu Analyse), Einbezogensein in das Wesen Gottes.
Dasselbe beobachtet man an den Ikonen und ihrer Verehrung, sie werden nicht als Kunstobjekte wahrgenommen, sondern der anbetende Betrachter sieht sich in die dargestellte Situation einbezogen.
Der hl. Berg Athos ist ein Zentrum dieser Theosis-Vorstellung, ein Wortführer der Hl. Gregorios Palamas.
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Re: Theosis

Beitragvon marcus03 » Mo 23. Dez 2019, 10:24

Dem Osten ging/geht es daher auch immer mehr um die Betonung des Göttlichen in Jesu, dem Westen mehr um die des Menschlichen (Angst, dass das Menschlichen im Göttlichen "untergeht" wie ein Tropfen Wasser im Ozean).
Die Soteriologie hat daher unterschiedliche Schwerpunkte (Auferstehung contra Kreuz).
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