Auf immer: 21. Juni 1978ÖSTERREICH: Koncilia, Sara, Obermayer, Pezzey, Strasser, Hickersberger, Prohaska, Krieger, Schachner (71. Oberacher), Krankl, Kreuz
DEUTSCHLAND: Maier, Vogts, Dietz, Bonhof, Kaltz, Rüssmann, Abramczik, Beer (46. H. Müller), D. Müller (61. Fischer), Hölzenbein, Rummenigge
SCHIEDSRICHTER: Klein (Israel);
ZUSCHAUER: 46000
TORE: 0:1 Rummenigge (19.), 1:1 Vogts (59., Eigentor), 2:1 Krankl (66.), 2:2 Hölzenbein (68.), 3:2 Krankl (88.)
Wie war und ist das mit Cordoba? Was war das für ein Spiel 1978 am 21. Juni in Cordoba: in Österreich nur Córdoba oder auch Wunder von Córdoba, in Deutschland Schmach von Córdoba oder Schande von Córdoba ?
"Achtung. Achtung Achtung. – Bittschön aufpassn, ich möchte jetzt einige Worte an meine Landsleute, fünfzehntausend Kilometer von Argentinien entfernt, sagen: Na bitte, ich möchte Ihnen sagen, meine Damen und Herrn: Wenn es nicht geht, da kamma halt nix machen und so weiter, und so weiter – und wir wolln auf alle Fälle die Gerechtigkeit, die Gerechtigkeit, wo gibt’s die schon, aber wir hoffen noch, denn – na, fürchterlich, Gotteswilln, bittschön, Leutln, reißts euch zsam, es wäre doch gelacht, das kann doch gar net sein, und – Gottseidank, Gottseidank, daneben, da kamma nix machen, was soll ma machen."
.. Der Ball kommt zu Krankl. Volleyschuß. 2:1 für Österreich, 66. Minute. „Da steht der Krankl, der Hansiburli, ach also sein Papa, der Straßenbahner, wird sich freun, also schöner kammas garnet machen, da da da - da fehln mir die Worte, da müßt ich ein Dichter sein.“
Es kommt noch besser. Doch zuerst, fast im Gegenzug, der Ausgleich der Deutschen. Gelegenheit für etwas Häme gegenüber dem Torschützen. „Hölzenbein, Hölzenbein das Stolperbein.“ Trotz des Ausgleichs hat sich die deutsche Elf längst damit abgefunden, daß das Finale verpaßt ist. Das Unentschieden wäre wenigstens genug, das Spiel um Platz drei zu erreichen. Auch für die Österreicher, die ihre letzten drei Spiele gegen Brasilien, Holland und Italien verloren haben, wäre das 2:2 ein kleiner Erfolg.
Doch sie wittern eine viel größere Chance. „Jetzt gehts noch drei Minuten, meine Damen und Herrn, wemma diese drei Minuten schon hinter uns hätten, ja dann dann dann, ich wage es gar nicht zu sagen, da würde mir wirklich ein Fels vom Körper - jetzt aber aufpaßn! (starkes Geräusch) Und jetzt kann Sara sich einen aussichtslos scheinenden Ball, eh..., erho..., hereinholen, es gibt Beifall für ihn, da kommt Krankl - Toor!! Toor!! Toor!! Toor!! Toor!! Tor! I werd narrisch!! Krankl schießt ein! Dreizuzwei! für Österreich.“
Krankl zum 3:2 nach tollem Solo.
Das Tor löst in zwei Ländern Europas völlig irrationale Szenen aus, die das Boulevardblatt „Bild“ festhält - aus Rache wird es auch Krankls Telefonnummer veröffentlichen.
In Berlin springt ein Mann aus dem zweiten Stock und sagt dem Notarzt: „Ich bin so einsam, und dann spielen wir auch noch so grauenvoll.“ In Tirol schneidet sich ein deutscher Urlauber die Pulsadern auf und sagt seinen Rettern: „Mein Leben hat keinen Sinn mehr.“ Im Restaurant Gut Neuhof bei Frankfurt springt eine Nonne vom Orden der Barmherzigen Schwestern einem jubelnden Busfahrer an die Kehle. Wo in der Welt in diesem Moment Österreicher sind, gibt es kein Halten mehr. Vor allem in Cordoba.
„Meine Damen und Herren, wir falln uns um den Hals, der Kollege Rippel, der Diplom-Ingenieur Bosch, wir bussln uns ab, dreizuzwei für Österreich, durch ein großartiges Tor unseres Krankl, er hat alles überspüt, meine Damen und Herrn, und wartens noch a bißl, wartens noch a bißl, dann kemma uns vielleicht a Viertel genehmigen, also das - das mußt miterlebt haben. Jetzt bin i aufgestandn, geh, geh, geh, i glaub, jetzt hammas geschlagn, aufpaßn.“ Abramczik vergibt die letzte Chance. „Sieg, Sieg, Sieg...“ (dreizehnmalige Wiederholung).
Diese Zeitung, die FAZ, ordnet das Spiel in ihrer damaligen Ausgabe historisch ein: „1866:
Preußen schlägt unter Moltke Österreich bei Königgrätz. 1938: Schalke 04 schlägt unter Szepan Admira Wien neun zu null in Berlin. 1954:
Die Bundesrepublik schlägt unter Fritz Walter Österreich sechs zu eins - jetzt haben Krankl & Co. die Scharten ausgewetzt. ,Den Deutschen hammas zagt'.“
Die Grazer „Kleine Zeitung“ eröffnet einen weiteren geschichtlichen Zusammenhang: „Das Vaterland. Alles, was sich da so aufgestaut hat an Emotionen, seit der Zeit zwischen achtunddreißig und fünfundvierzig vielleicht noch, das hat der Krankl gerächt. Den Hitler, den Österreich hervorgebracht hat, den hat es mit Hansi Krankl wieder wettgemacht. Der eine aus Braunau. Der andere aus Wien.“
FAZ 20.6. 2003
p.s.Im Bellariakino (Wien), das heute schließt, läuft am Heiligabend als Endzuckerl um 11.00 "Heidi" mit Theo Lingen als Butler. Um 13.00 "Hallo Dienstmann" (Hans Moser).