Signum stultitiae

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Signum stultitiae

Beitragvon sinemetu » Sa 11. Okt 2014, 19:41

Wir leben in einer Zeit, in welcher die Intelligenz unter die positivsten Werte geraten ist. Niemand lobt sich seiner Minderbegabung, jeder genießt die Reden des Chrysostomos, wofern sie über einen selbst gehalten werden. Wir sind alle unheimlich klug, haben studiert, behaupten zu wissen, und irren uns nur manchmal. Es liegt in der Natur der Intelligenz, die Minderbegabung leichter zu bemerken, als die Höherbegabung, weil im Geheimen jeder sich für die Spitze des Möglichen hält.

Es gibt eine einzige Situation, die im Gefolge der "Globalisierung" jedoch auf progressivem Wege sich befindet, nämlich die Begegnung mit Leuten, die eine Sprache sprechen, die wir nicht beherrschen. Es gibt auf der Welt wohl keine Situation, die für den Gebildeten oder sich gebildet Dünkenden - wo ist der Unterschied? - unangenehmer ist, nämlich mit seinem angestauten Wissen hier nicht weiter zu können, und daß, obwohl vor einem unbedarfte 4 jährige Gören diesen Idiom sprechen, als hätten sie nie etwas anderes gehört. So ist es ja in der Tat.

Diesem Misstand rückt nun die Globalisierung zu Leibe. Die Sprachen verschwinden. Es wird in Bälde bald keinen Richter mehr geben, der die Sprache seiner Delinquenten nicht mehr versteht. Dann hat die Intelligenz gesiegt. Dann wird dieses Gefühl verschwunden sein, diese letzte Insel auf der das alte οἶδα οὐκ εἰδώς noch eine Chance hatte, zu Bewusstsein zu gelangen.
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Re: Signum stultitiae

Beitragvon RM » Sa 11. Okt 2014, 23:14

sinemetu hat geschrieben:Die Sprachen verschwinden.

Woher hast Du denn diese Erkenntnis? Ganz im Gegenteil werden täglich neue Wörter gebildet, alte verschwinden, neue Sprachen entstehen. Man muss da evolutionär drangehen.

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Re: Signum stultitiae

Beitragvon sinemetu » Sa 11. Okt 2014, 23:48

RM hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Die Sprachen verschwinden.

Woher hast Du denn diese Erkenntnis? Ganz im Gegenteil werden täglich neue Wörter gebildet, alte verschwinden, neue Sprachen entstehen. Man muss da evolutionär drangehen.


Ich kann zwischen diesen Aussagen keinen Widerspruch erkennen. Nur meine ich: Kreolismus ist keine Sprachbildung ......, sondern Verfall.
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Re: Signum stultitiae

Beitragvon RM » So 12. Okt 2014, 00:34

sinemetu hat geschrieben: ......, sondern Verfall.

Entschuldige, dass ich herzhaft lache, aber der "Verfall" des Wahren, Guten, Schönen wird uns dahergebetet, seit es die Menschheit gibt. Glaubst Du daran noch?

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Re: Signum stultitiae

Beitragvon sinemetu » So 12. Okt 2014, 08:55

RM hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben: ......, sondern Verfall.

Entschuldige, dass ich herzhaft lache, aber der "Verfall" des Wahren, Guten, Schönen wird uns dahergebetet, seit es die Menschheit gibt. Glaubst Du daran noch?

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Du wirst zugeben müssen, Rector magistrorum, daß, im angenommenen Fall, es bleibt sich aufs Ganze gesehen immer alles gleich, d. h, die Kulturen der Welt verhalten sich wie die wachsenden und verschwindenden Ameisenhaufen, daß es Punkte gibt, auf dieser sinusförmigen Kurve, von denen aus gesehen, fast nur Verfall zu beobachten ist.
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Re: Signum stultitiae

Beitragvon Zythophilus » So 12. Okt 2014, 17:21

Veränderung ist nicht zwangsläufig Verfall, kann es aber sein. Das hängt vom Standpunkt ab. Wenn wir etwas als schön oder gut empfinden, dann ist die Veränderung, die bewirkt, dass wir es nicht mehr als so sehen, für uns Verfall.
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Re: Verfall

Beitragvon Prudentius » Mo 13. Okt 2014, 18:44

Für unsere l. Literatur ist ja das Thema Verfall ganz zentral, durchgehend vom Anfang bis zum Schluss; die drei großen Historiker sind davon geprägt, bei Sallust lesen wir die Kapitel über "Sittenverfall", Livius beklagt in seiner Vorrede den Verlust der alten res p. und will in seinem Werk der Jugend vor Augen stellen, was Römertum einmal war und sein kann; Tacitus ist ganz pessimistisch, Frust über die enttäuschten Hoffnungen auf Augustus; dieser propagierte die "res p. restituta".
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Re: Signum stultitiae

Beitragvon RM » Mo 13. Okt 2014, 18:51

Und Platon prangerte schon den Verfall der Sitten bei den Jugendlichen an ... und früher war natürlich alles viel besser und blablabla ... :eek:

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