der Friede Gottes

Beiträge zu Themen, die in keine andere Kategorie passen

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

der Friede Gottes

Beitragvon sinemetu » So 5. Okt 2014, 17:58

et pax Dei quae exsuperat omnem sensum custodiat corda vestra et intellegentias vestras in Christo Iesu


καὶ ἡ εἰρήνη τοῦ θεοῦ ἡ ὑπερέχουσα πάντα νοῦν φρουρήσει τὰς καρδίας ὑμῶν καὶ τὰ νοήματα ὑμῶν ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ.


Geläufig ist die alte Formel: "...und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserm Herrn."

Heute benutzte der Pfarrer eine andere Formel, wahrscheinlich eine neuere Form. Ich vergaß inzwischen drauf - egal - die Worte regen an, danach zu fragen. Was etwas soll man sich vorstellen von einem hohen Frieden, einem überragenden Frieden, einem Frieden, der die Vernunft überragt. Ich vermute hier, wie oft bei religiösen Formeln*, - das Gemeinte wurde vergessen - und Unverstandenes wird tradiert und jeder darf dann frei wähnen und mysteln, eisegesieren und deuten.

Ist denn die Vernunft ein Gegner des Friedens? Ist denn νοῦς nicht der Denkapparat (Software), der im καρδία (Hardware) seinen körperlichen Ort hat, und νοήματα die effizierten Objekte desselben, die Gedanken? Wie kam man hier auf Sinne? Und was heißt: "in Jesus Christus bewahren" ? Wieso in? Wieso nicht an, bei auf, über, unter, neben oder zwischen?

Bei Gott hat ja seinen Sinn. Aber in Jesus? Oder - In Gott sind wir alle Brüder ???? Oh - Lingua theologica superstitiosa.

Ist denn nicht eher gemeint mit dem Philipperzitat, daß der Friede Gottes, d. i. die innere Ruhe in uns stärker sein soll, als die in unserem Denkapparat herumwirbelnden Gedanken als solche, oft welche der Angst und Enge sind, die uns beunruhigen?




*ich meine mit religiös hier nicht das adjektivisch Gemeinte zu dem, was landläufig heute so im politischen Sinne als Religion verstanden wird - sondern einfach Pietätstradate, egal welchen Milljös.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02

Re: der Friede Gottes

Beitragvon Prudentius » Mi 8. Okt 2014, 20:36

Wenn du dich in die Kirchenbank setzt, dann musst du erstmal dieses moderne Weltbild hinter dir lassen; als Freund der Antike wirst du dich vllt. in die Geistigkeit der Zeit des NT hineinversetzen können; sieh dir doch mal Themen an wie Neuplatonismus! Da ist alles ganz anders als bei uns; wir haben getrennte Bereiche, erfahrbare Welt, Gefühlswelt, religiöse Welt; bei uns ist Gott weggesperrt in ein finsteres Zimmer, genannt "Transzendenz"; in der Spätantike hingegen empfand der Gläubige sich in einem Fluidum von ausströmender Gnade, man lebte in der Gnade, im Frieden Gottes.

Vllt. hast du schon von dem Ausdruck "die Kirche ist der Leib Christi" gehört: wir nennen das Metapher, damals empfand man es als wirklich.

Die Kirche spricht von der "Realpräsenz Christi" in der Eucharistie; die Moderne, seit Luther, versteht es symbolisch.

:) P.
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: der Friede Gottes

Beitragvon sinemetu » Do 9. Okt 2014, 09:00

Prudentius hat geschrieben:Die Kirche spricht von der "Realpräsenz Christi" in der Eucharistie; die Moderne, seit Luther, versteht es symbolisch.

Der Gegensatz ist interessant, als ob Symbole jenseits der Realität ständen. Ich habe sie immer als höchste Verdichtung von Realität erlebt. Du kannst zur Probe ja mal ein Hakenkreuz bei Euch in der Schule an die Wand malen. Es ist "Realpräsenz", viel realer als die damalige Realität. Übrigens ist Realpräsenz, eine typisch gelehrte Bildung, ein Pleonasmus. Was real ist, ist präsent!
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02


Zurück zu Sonstige Diskussionen



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 59 Gäste

cron