Stolpersteine

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Stolpersteine

Beitragvon sinemetu » Mo 8. Sep 2014, 14:08

Hallo,

auch bei uns wollen sie welche verlegen ... ich hab da mal was verfasst, und wollte fragen, ob man das so stehen lassen kann ....


"Gott sei Dank bin ich in eine komm. geprägte Schule gegangen. Ich bin der Meinung, dass nicht alles, was in der DDR uns als Unterrichtsstoff vorgesetzt wurde, falsch war.
Zum Beispiel mussten wir uns in der 7. Klasse mit dem Quasigedicht von Berthold Brecht „Die Teppichweber von Kujan-Bulak ehren Lenin“ auseinandersetzen.

(Für die Neuossis unter den lesern) Man kann die wenigen Zeilen hier einsehen: http://archiv2.randzone-online.de/mewer ... e/me96.htm

Unsere Erinnerungen, nicht nur die persönlichen Erlebnisse, die wir bezeugen können, sondern auch die ererbten, welche wir als Überlieferung von den Eltern oder aus den Büchern wissen, also alles, was wir uns als Bestandteil der Vergangenheit denken und was wir uns vergegenwärtigen, ist emotional bewertet. Diese Bewertung des Erinnerungsgutes passiert schon bei der Aufnahme in unseren Erinnerungsschatz und dran wird später nicht mehr groß gerüttelt. Es wird zum unhinterfragten Glaubensgut.
Grundsätzlich können wir alle feststellen, das es negative und positive Erlebnisse gibt, wie wir alle aus leiblicher Erfahrung wissen, und demzufolge auch solche und solche Erinnerungen. Negative Erinnerung vergegenwärtigt man sich nicht gerne, es sei denn zum Zwecke des Lernens.
Positive Erinnerung dagegen bilden oft Feste, Höhepunkte unseres Lebens. Wenn eine Ehe hält, ist die Hochzeit eine positive Erinnerung. So ist es kein Wunder, dass diese positive Erinnerung die Grundlage der vielen Hochzeitsfeiern, der silbernen, eisernen, goldenen, etc. darstellt. Bei allen souveränen Völker ist eine positive Erinnerung die Grundlage der öffentlichen Feste. Bei den Ungarn etwa gilt der Tag des heiligen Stephan, als positive Erinnerung, weil man darauf die eigene Staatlichkeit zurückführt.

In unserem Staate, der über sich selbst oft von „freiheitlichen“ Demokratie spricht, gibt es ein Amt, welches Verfassungsschutz heißt. Für dieses Amt arbeiten manchmal auch Juristen, die sich darüber Gedanken kommen lassen, was die Verfassung schützt und was gegen den Geist unserer Verfassung gerichtet ist. Ich habe mir vom Innenministerium eine Broschüre zukommen lassen, betitelt mit „Rechsextremistische Subkulturen“. In diesem Werk gibt es ein Kapitel namens „Strafrechtliche Erläuterungen §§ 86 und 86 a Strafgesetzbuch (Stgb)“.

Dieser Paragraph heißt Verbreitung von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen und lautet: „Wer Propagandamittel ...
2: einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist, ...
im Inland verbreitet oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt oder in Datenspeichern öffentlich zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Ich habe mich mit einem Brief an unser Innenminsterium gewandt, mit der Frage, was Völkerverständigung eigentlich meint, und habe auch Antwort erhalten: „Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung verstößt ... gegen diesen Gedanken, wer in schwerwiegender Weise "die Gewalt in das Verhältnis von Völkern hineinträgt" ....". Soviel zum Strafgesetzbuch.

Jetzt das Thema Stolpern. Ich muß gestehen, ich falle nicht gerne auf die Fresse. Hinzu kommt – ich bin in keiner Partei – ich sehe auch nicht gerne, wenn jemand auf die Fresse fällt, und ich wünsche es keinem. Das war früher in Deutschland gemeinsame Überzeugung. Zu diesem Zwecke hat man Bürgersteige gebaut und deshalb gibt es Streu- und Räumpflicht für Grundstückseigentümer. Ich möchte nicht, dass jemand stolpert. Können Sie das verstehen?
Ich glaube auch nicht, dass irgendjemandem dadurch etwas Gutes getan wird, dass hier jemand stolpert. Das gilt auch für den Fall, dass dieser Person vor einem dreiviertel Jahrhundert schweres Leid und Unrecht oder gar Tod durch den von einer Partei auf demokratischem Wege okkupierten deutschen Staat erfahren hat.
Neues Leid mach altes Leid nicht besser! Zivilisation ist die Überwindung des Rachegedankens durch das Recht. Denn der Versuch, Leid und Unrecht durch Leid und Unrecht zu beseitigen ist nichts anderes, als Rache!
Die ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden selber, Frau Charlotte Knobloch, hat sich gegen die Stolpersteine ausgesprochen: „die es als „unerträglich“ bezeichnete, die Namen ermordeter Juden auf Tafeln zu lesen, die in den Boden eingelassen sind und worauf mit Füßen „herumgetreten“ werde“. Vor allem gilt für die jungen, hier in D. lebenden Israelis. Sie wollen nicht andauernd erinnert werden. Es sei denn, sie sind in jener Industrie beschäftigt.
Die Stolpersteine ausgedacht hat sich der Unternehmer in Sachen Kunst Günter Demnig. Das ist sein Recht! Man kann sich so was ausdenken. Herr Demnig hat sich dieses Recht, den Begriff Stolperstein schützen lassen. Auch das ist erlaubt. Jetzt ist Herr Demnig Monopolist in Sachen Stolperstein. Die ersten Stolpersteine hat Herr Demnig illegal verlegt. Das war nicht erlaubt, hat aber viel Presse gebracht. Dann hat Herr Demnig sich eine Lobby gesucht, Verbindungen zu Medien und Presse aktiviert und hat sich im sensiblen Bereich der Erinnerungs- und Warnerindustrie erfolgreich etabliert. Das ist erlaubt. Das machen viele.

Aber ist Stolpern eine positive Erinnerung? Besteht nicht die Gefahr, dass so mancher, der stolpert, denken wird: „Verdammter Jude!“?

Und jetzt kommen wir zu Brecht und seinen Webern von Kujan Bulak zurück. Die haben sich nämlich hingesetzt und überlegt: Wie können wir eine positive Erinnerungsmöglichkeit schaffen? Wie können wir, stattdessen, was alle anderen machten, nämlich eine gipserne Büste aufstellen, etwas tun, was uns, den Jetzt-Lebenden dieser Stadt, nützt, statt uns in Totenkult zu üben.
Dementsprechend sollten sich unsere Stadtvertreter fragen: Wie können wir eine positive Erinnerungsmöglichkeit an die mehr als hundertjährige Existenz der Juden in dieser Stadt schaffen? Denn dem Bürger stellt sich die Frage: Ist die 150-jährige Existenz dieser Religionsgemeinschaft wirklich in diesem einen singulären Ereignis zusammengefasst? Definiert gar etwa dies vermaledeite Ereignis jene Religion oder jenes Volk? Wir alle wissen, dass dem nicht so ist.

Und jetzt die Frage an den Industriellen in Sachen Holokaust Günter Demnig. Ist ein Stolperstein wirklich ein Beitrag zum Gedanken der Völkerverständigung, oder einer dagegen? Jeder weiß aus dem Alltag: Um den Streit von gestern wieder aufzunehmen bedarf es eines einzigen Wortes, eines Wortes nämlich, welches diesen Streit in Erinnerung ruft und schon ist er in aller Schärfe und Stärke wieder präsent. Darum gilt: Die Erinnerung an Gewalt ist Gewalt!

Wir können das niemandem vorschreiben, wie er seine alten Leiden weiterwachsen lässt, aber wir können uns zumindest denjenigen Verweigern, die ein schnödes Geschäft draus machen.

Wenn wir allein für diese Überlegung einmal davon ausgehen, dass das jüdische und das deutsche Volk zwei verschiedene Völker sind, dann sind die Stolpersteine jedenfalls kein Mittel durch welches sich diese Völker auf Augenhöhe begegnen können. Auf deutsch: Die Stolpersteine widersprechen dem Gedanken der Völkerverständigung und Herr Demnig gehört nach dem StGb. in den Knast.

Es kommt etwas anderes hinzu: Wer von uns war dabei? Ich speziell habe meine Vorfahren durchforstet, mit dem Hintergedanken einer Beteiligung an der Shoa, wobei ich mir nicht die Frage gestellt habe, inwieweit sie überhaupt reale Möglichkeiten zum aktiven Widerstand gehabt haben. Ergebnis: Oma 1 war Schuhverkäuferin. Opa eins war Offizier, starb 33 an Blinddarm. Oma zwei war Hausfrau, Opa zwei war Drogerieverkäufer, starb 2003. Sie haben keinen Juden aufgehängt und keinen verraten, ja sie hatten nicht einmal Kontakt zu Juden. Mutti war Jahrgang 37, Papa Jahrgang 32. Von Nichts und Niemandem lasse ich mir keine Schuldgefühle in den Kopf scheißen. Ich denke, dass es der übergroßen Mehrheit der Bürger dieser Stadt ebenso geht. Und falls jemand für seine Vorfahren nicht die Hand in’s Feuer legen will, allein aus zeitlichen Gründen wissen wir, dass zumindest er es nicht war.

Da gibt es auf offizieller Seite aber viele Leute, die – aber nur in den Medien - unison lauthals jammern, daß der Antisemitismus in D. wächst, obwohl zumindest in unserer Gegend gar keine Juden zu sehen sind.
Dazu stelle ich fest: Der Stolperstein ist von der Sache her ein Produkt eines ökonomisch gewitzten, psychologisch aber eher unbedarften, oder vielleicht doch eher bösen Menschen, eines solchen Menschen jedenfalls, der zwar verdeckt, aber bewusst gegen die Völkerverständigung, gegen die Verständigung des israelischen mit dem deutschen Volk arbeitet. Er ist ein Präzisionswerkzeug zur Steigerung des Antisemitismus im Lande. Es gibt verdeckte Kräfte, die daran arbeiten, und zwar erhebliche. Diese Kräfte allein wären nicht so stark, wenn sie auf Seiten derjenigen, die immer alles richtig machen wollen, nicht so viele Helfershelfer hätten. All diese Gutmenschen, oft mit christlichem Hintergrund, möchte ich an eine Auslassung des Gottes der Juden erinnern: „Die Väter haben saure Trauben gegessen, und den Kindern werden davon die Zähne stumpf“ So wahr ich lebe, spricht Gott der Herr, ihr sollt fortan diesen Spruch in Israel nicht mehr im Munde führen.“ Und wenn Israel diesen Spruch nicht mehr zitieren soll, um wie viel mehr gilt das erst für die Streiter des neuen Bundes.

Jedenfalls halte ich es nicht für Verständigung auf Augenhöhe, wenn man einen Dialog beginnt mit so einem Satze: Guten Tag, vermutlich haben Deine Großeltern dazu beigetragen, dass meine Großeltern vergast wurden, ....“ Dies gilt übrigens nicht nur im Verhältnis zum jüdischen Volk.

Nach jüdischer Auslegung steht an der Stelle, wo Luther in der Bibel übersetzt hat: „Und er schuf sie als Mann und als Frau“ die Aussage „Er schuf sie als Erinnernden und Durchbohrte.“ Wohin das führt, wenn man nicht vergessen kann und sich immer wieder erinnert, sieht man am besten in Gaza und Israel. Wenn wir dahin wollen, weltweit, ein Nachbar gegen den anderen aufgehetzt, dann müssen wir nur recht viele Stolpersteine verlegen. Der Friede ist nicht möglich als Erinnerungsdiktatur.

Natürlich werden diese Gedanken Gegner haben, zuallererst diejenigen, die direkt von der Erinnerungsunkultur profitieren, danach alle Säkularpastoren, Gutmenschen, alle, diejenigen, die sich herausnehmen von der Höhe ihrer Zeit herab über Räume und Menschen zu urteilen, ohne je selbst dort gewesen zu sein, noch einen Blick in die Mechanik des Bösen heute gewagt zu haben. Schon Johannes Groß hat seinerzeit in der FAZ festgestellt, dass der Widerstand gegen die Nazidiktatur mit dem Quadrat der zeitlichen Entfernung anwachse. "
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Re: Stolpersteine

Beitragvon RM » Mo 8. Sep 2014, 16:04

Ich möchte das Ganze hier mal ein wenig aus anderer Perspektive beleuchten:
Ich habe Herrn Demnig vor einigen Monaten persönlich kennenlernen dürfen. Anlass war - wie sollte es anders sein - die Verlegung einiger Stolpersteine in Aachen. Es hat ein wenig genieselt an diesem Tag. Daher war die Gruppe, die durch Aachen lief, um von einem Verlegungsort zum nächsten zu gelangen, am besten an den vielen bunten Regenschirmen zu erkennen. Die Hauptverständigungssprache war Englisch, da die Familien derer, deren Namen auf den Stolpersteinen eingraviert waren, anlässlich dieses Termins größtenteils aus den U.S.A. und Israel angereist waren. Zu Beginn fand eine Veranstaltung in einer Aachener Schule statt, auf der das Konzept von Herrn Demnig erläutert wurde und man sich die noch unverlegten Stolpersteine anschauen und fotografieren konnte. Schüler der Schule haben ein von ihnen durchgeführtes Projekt vorgestellt und die Lehrerinnen und Lehrer waren stolz darauf, dass die Veranstaltung in ihrer Schule stattfand. Die Erinnerung an die Personen hinter den eingravierten Namen war bei den Älteren noch sehr lebendig. Es war allen wichtig, dass diese Namen nicht in Vergessenheit gerieten, dass diese Namen vor den Türen der Häuser zu lesen waren, die den Namensträgern als letzte Zufluchtsorte gedient hatten. Die meisten Anwesenden hatten sich wahrscheinlich Gedanken darüber gemacht, ob es richtig ist, mit Namen beschriftete Steine in den Boden einzulassen und der Gefahr auszusetzen, dass jemand sie sozusagen mit Füßen treten könnte. Denjenigen, die Herrn Demnig um die Verlegung eines Stolpersteins bitten, ist das Element der Erinnerung wohl wichtiger. Ich glaube aber, die Ehrfurcht gebietet, die Stolpersteine nicht zu betreten, sondern eher, wie Herr Demnig dies gedacht hat, sich zum Lesen der Namen vor ihnen zu verneigen. Dass sie im Boden eingelassen werden und nicht z.B. in die Mauern der Häuser hat auch einen ganz praktischen Grund: Zum Verlegen im Boden reicht i.d.R. die Genehmigung der Gemeinde, da Hauseigentümer einem Einlassen in die Hauswände nicht unbedingt gerne zustimmen.
Dass Herr Demnig zu nichts Anderem mehr kommt, als Stolpersteine zu verlegen, ist sicher der Tatsache geschuldet, dass die Idee einfach gut ist. Auf "unserem" Stolperstein stehen übrigens die Namen der Großeltern meiner Frau.

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Re: Stolpersteine

Beitragvon sinemetu » Mo 8. Sep 2014, 17:58

RM hat geschrieben:..., dass die Idee einfach gut ist.


genau das bezweifle ich und behaupte: die Idee scheint gut zu sein, ist aber schlecht!

habe versucht zu begründen, gebe aber zu, es ist schwierig zu verstehen. Es gibt eben Sachverhalte, die sind nicht leicht kommunizierbar.

Wenn man die schlechten Karten Israels und der Juden in D, hier in unserer Gegend, - Islam spielt keine Rolle - untersucht, kommt als Hauptursache die ständige negative Kommunikation dieses Staates in den Medien als Hauptursache in Frage. Die Stolpersteine gehören dazu. Es ist negative Kommunikation. Da beißt die Maus keinen Faden ab. In Amerika fängt jetzt ein junge Frau, die auf dem Campus vergewaltigt wurde, oder behauptet vergewaltigt worden zu sein, mit der Matratze auf dem Rücken herumzulaufen. Auch das ist negative Kommunikation.
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Re: Stolpersteine

Beitragvon RM » Mo 8. Sep 2014, 20:08

Warst Du schon einmal dabei? Rede doch mal mit den Leuten, die für ihre Verwandten Stolpersteine legen lassen. Niemand wird gezwungen, das zu tun. Die Initiative geht von den Angehörigen aus. Was soll daran schlecht sein? Ich weiß zwar nicht, mit wie vielen jüdischen Organisationen Du ständig zu tun hast, aber es gibt nur relativ wenige, die der Idee ablehnend gegenüberstehen.

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Re: Stolpersteine

Beitragvon sinemetu » Mo 8. Sep 2014, 20:36

RM hat geschrieben:Warst Du schon einmal dabei? Rede doch mal mit den Leuten, die für ihre Verwandten Stolpersteine legen lassen. Niemand wird gezwungen, das zu tun. Die Initiative geht von den Angehörigen aus. Was soll daran schlecht sein? Ich weiß zwar nicht, mit wie vielen jüdischen Organisationen Du ständig zu tun hast, aber es gibt nur relativ wenige, die der Idee ablehnend gegenüberstehen.


@RM Auch unter den Verwandten meiner Frau gibt es Leute, die heute noch Überlebendenrente beziehen. Wir haben im Haus sogar eine Original-Proskriptionsliste einer ganzen Stadt. Manchmal reden wir darüber. Und wenn ich sehe, was und wie meine Schwiegermutter Hühnereier vor dem Kochen untersucht, denke ich manchmal, gleich schaut sie im Schulchan Aruch nach, obs noch koscher ist.

Ich wäre z.B. sehr dafür, statt der blöden Betonklötze in Berlin, an welche die Leute urinieren, wie große sich gegenüberliegende Steinmauern zu errichten, und auf die eine alle Namen der Opfer mit Geburts-, und Todesdatum, und auf die andere alle Namen der NSDAP-Glieder mit Vor und Zunahmen, Wohnort und Lebensdaten, sonne Art deutsches Hand und Name. Das wäre auch in den Städten recht interessant, zu sehen, welche Namen dort noch immer obenauf sind ...

Aber ich habe das Recht, gegen Stolpersteine zu sein. Ich bin dagegen, und habe es begründet und ich werde einen Teufel tun, mit Leuten, die diese Idee promovieren, zu streiten. Ich will sie auch niemandem aufzwingen. Aber, man kann nicht Unkraut sähen und sich dann laut wundern, wenn es aufgeht. Ich halte das für heuchlerisch. Frieden kann nur auf Augenhöhe wachsen und die Vergangenheit gehört auf den Friedhof, um der Zukunft willen.
Mein einer Opa starb, wie oben erwähnt, schon 1933. Ich, in den Sechzigern geboren, habe ihn also nie kennengelernt. Er ist übrigens an einer verpfuschen Blinddarmoperation zugrunde gegangen. Ich habe keine emotionale Bindung an ihn, und auch keine negativen Gefühle dem wahrscheinlich schuldigen Arzt gegenüber. Ich bezweifle insgesamt den "Schmerz" der dritten Generation. Verlust-Schmerz hat man nur nach Bindung und Bindung setzt gemeinsame Zeit voraus. Ich vergleich hier den Tod meiner einen Oma, zu der ich kaum noch Bindung hatte, mit dem eines Nichtverwandten, mit dem ich sehr viel Umgang in der Kinderzeit hatte. Der Tod meiner Oma berührte mich nur peripher, der Tod des Nichtverwandten bekam ich wirklich stark zu spüren.

Aber, RM, ich wollte Dich ja nicht überzeugen, nur nachfragen, ob meine Gedanke nachvollziehbar sind.
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Re: Stolpersteine

Beitragvon RM » Mo 8. Sep 2014, 22:00

Du kannst von mir aus ruhig etwas gegen Stolpersteine haben. Deine Argumentationslinien sind aber etwas wirr und treffen den Kern der Sache nicht. Mit Völkerverständigung haben Stolpersteine zunächst gar nichts zu tun. Es geht auch erst einmal nicht darum, irgendwen mit irgendjemandem zu versöhnen. Es geht erst einmal nur um Erinnerung. Daran ist ja nichts falsch. Wir erinnern uns in Deutschland an den Fall der Mauer, an den Bau der Mauer, an das Ende des 2. Weltkriegs, manchmal sogar an dessen Beginn, selten an den Ersten Weltkrieg, noch seltener an den Dreißigjährigen Krieg. Wir tun das, weil das alles mit unserem Werdegang zu tun hat. Die Stolpersteine erinnern ebenfalls und mahnen denjenigen, der dafür empfänglich ist, dass sich eine solche Situation nicht wiederholen darf.
Wenn ich dann aber so einen Blödsinn lese wie "ein Produkt eines ökonomisch gewitzten, psychologisch aber eher unbedarften, oder vielleicht doch eher bösen Menschen", frage ich mich: Was soll das bitte? Ist das wirklich ernst gemeint? Ich hoffe nicht! Herr Demnig verkauft kein Produkt, das mit einem iPod oder so vergleichbar ist. Außerdem sind die Kosten für Herstellung und Verlegung wirklich sehr moderat.
Auch der Rest der Ausführungen ist nicht besonders überzeugend. Wenn Du z. B. sagst "obwohl zumindest in unserer Gegend gar keine Juden zu sehen sind", frage ich mich natürlich, warum das so ist. Und als Antwort auf diese Frage ist die Verlegung von Stolpersteinen in eurem Ort eigentlich zwingend.
Der Antisemitismus ist oft auch da am größten, wo die Menschen niemanden mit jüdischen Wurzeln kennen, sondern plumper Propaganda glauben.

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Re: Stolpersteine

Beitragvon sinemetu » Di 9. Sep 2014, 08:58

RM hat geschrieben: Deine Argumentationslinien sind aber etwas wirr und treffen den Kern der Sache nicht.

Zugegeben, es ist kein Bild-Zeitungs-Text und in dem Geweben laufen Ketten- und Schussfäden ...

RM hat geschrieben: Mit Völkerverständigung haben Stolpersteine zunächst gar nichts zu tun.

Die meisten nicht betroffenen Leute assoziieren Juden, und sie assoziieren Sonderrecht. Immerhin werden die Stolpersteine verlegt, weil es sich um Verfolgte oder zu Tode gebrachte Juden handelt, nicht um deutsche Staatsbürger mosaischen Glaubens. Mir ist auch nicht bekannt, daß diese Steine für nichtjüdische Opfer des NS-Regimes verlegt wurden, von denen es ja auch nicht wenige gibt. Allein, hier mag ich irren.

RM hat geschrieben:Es geht erst einmal nur um Erinnerung. Daran ist ja nichts falsch. Wir erinnern uns in Deutschland an den Fall der Mauer, an den Bau der Mauer, an das Ende des 2. Weltkriegs, manchmal sogar an dessen Beginn, selten an den Ersten Weltkrieg, noch seltener an den Dreißigjährigen Krieg.

Richtig, aber es ist deutlich, es sind die positiven Erinnerungen, die man eindeutig hervorhebt. Und das ist richtig so. Das Leben ist was Schönes.

RM hat geschrieben:Wir tun das, weil das alles mit unserem Werdegang zu tun hat. Die Stolpersteine erinnern ebenfalls und mahnen denjenigen, der dafür empfänglich ist, dass sich eine solche Situation nicht wiederholen darf.
Ich weiss jetzt nicht, wen Du mit "wir" meinst. Der fette Satz ist rezenter zivilreligiöser Aberglaube. Consus hatte mal vom Verbum tritum gesprochen auf den Satz bezogen: "Wer seine Vergangenheit nicht kennt, ist verdammt, sie zu wiederholen."

RM hat geschrieben:Wenn ich dann aber so einen Blödsinn lese wie "ein Produkt eines ökonomisch gewitzten, psychologisch aber eher unbedarften, oder vielleicht doch eher bösen Menschen", frage ich mich: Was soll das bitte? Ist das wirklich ernst gemeint? Ich hoffe nicht! Herr Demnig verkauft kein Produkt, das mit einem iPod oder so vergleichbar ist. Außerdem sind die Kosten für Herstellung und Verlegung wirklich sehr moderat.
Ich weiß, es ist lange her, daß die Menschen noch umsonst etwas für die Heimat taten. Konrad Röntgen etwa lebte es ab, für seien Entdeckung ein Patent zu beantragen. Nun sind die Stolpersteine nicht von derselben Erfindungshöhe wie die Röntgenstrahlen, sondern eigentlich simple Handwerksarbeit, die zu Kunst geadelt wurde durch den Namen "Stolperstein". Trotzdem bleibt ein Monopol dabei und ein Geschmäckle, weil es oft um Zugriff auf die öffentlichen Kassen geht.

RM hat geschrieben:Wenn Du z. B. sagst "obwohl zumindest in unserer Gegend gar keine Juden zu sehen sind", frage ich mich natürlich, warum das so ist
Tolle Frage, die sich selbst beantwortet.

RM hat geschrieben:Der Antisemitismus ist oft auch da am größten, wo die Menschen niemanden mit jüdischen Wurzeln kennen, sondern plumper Propaganda glauben.

Das habe ich zuoft gehört und gelesen, als das ich es noch glauben würde.

http://www.dw.de/orthodoxe-juden-verlas ... a-17888055
Es ist immer dasselbe ... Schuld sind immer die anderen.

Ich habe dazu den Ägyptologen Assmann gelesen, der den Mose-Kult ja als Negative Religion herausarbeitet, als Nicht-Ägypter mehr sein wollen. Dies ist der Ewige Auszug aus "Ägypten", der immer wieder organisiert werden muß. Zur negativen Religion gehört natürlich negatives Gedenken. Darum Teschah be Av, Klagemauer etc. etc. Man kann natürlich darüber streiten, ob ein Totengedenken negatives Gedenken ist. Ich halte dafür. Es gibt Kulturen, die an negativem Gedenken untergegangen sind, wie z. B. die Inkas, die die Last der Vergangenheit im Gewicht der Mumien ihrer Vorväter mit sich herum getragen haben. Das Christentum hat die Vergangenheit auf den Friedhof entsorgt. Das ist ein abgegrenzter Raum, in welchem Totengedenken zivilverträglich abgehalten werden kann, ansonsten soll die Vergangenheit die Gegenwart und Zukunft nicht belasten. Darum keine Klageweiber mehr und auch keine Stolpersteine.
Zuletzt geändert von sinemetu am Di 9. Sep 2014, 10:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Stolpersteine

Beitragvon RM » Di 9. Sep 2014, 10:28

Eigentlich ging die ganze Aktion zunächst gar nicht von den jüdischen Opfern aus, sondern war aus einer Aktion für die Opfer der Sinti und Roma entstanden. Aber Du kannst ja noch einmal den Wikipedia-Artikel lesen (https://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine).
Über Deinen merkwürdigen Satz mit "Verfolgte oder zu Tode gebrachte Juden handelt, nicht um deutsche Staatsbürger mosaischen Glaubens" habe ich mich sehr wundern müssen. Waren Deiner Meinung nach die Ermordeten keine deutschen Staatsbürger? Entschuldige, aber so etwas möchte ich jetzt nicht kommentieren.
Die "positiven Erinnerungen" an ein Kriegsende implizieren die durch den Horror des Krieges durchlittenen Traumata. Diese haben wenigstens bis zur dritten Generation Nachwirkungen.
Wir wollen mal klarstellen, dass Herr Röntgen die nach ihm benannten Strahlen nicht erfunden, sondern entdeckt hat. Insofern kann man auch nicht von "Erfindungshöhe" sprechen. Die Kunst in der Kunst ist auch eher die geistige Vorarbeit als die praktische Ausführung. Diese besteht bei den Stolpersteinen darin, sie als Monument zu konzipieren, das jeweils in Teilen an vielen Stellen zu sehen ist.

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Re: Stolpersteine

Beitragvon iurisconsultus » Di 9. Sep 2014, 10:41

Auch bei uns ins Österreich wurden "Stolpersteine" verlegt. Man sollte das aber ganz unaufgeregt sehen. Die jeweiligen Gemeinden sind demokratisch legitimiert. Wenn sie also - gleich aus welchen Gründen - beschließen, solche Gedenktafeln an bestimmten Stellen in den Boden einzulassen, dann ist dieses Vorhaben auch von den Gegnern des Projekts zu akzeptieren. Sollte dies nun aber die Meinung der Mehrheit des Gemeindevolks nicht (mehr) widerspiegeln, dann wird es bei der nächsten Gemeinderatswahl mindestens eine (rechte) Wahlpartei geben, die gelobt, die "Stolpersteine" wieder zu entfernen, wenn sie nur mit ausreichender demokratischer Macht ausgestattet wird. Verleiht ihr das Gemeindevolk diese Macht und werden die "Stolpersteine" wieder entfernt, kann das schlechte Gewissen dazu führen, dass sich die Meinung der Mehrheit des Gemeindevolks wieder dreht und es ihre geliebten "Stolpersteine" wieder zurück haben möchte. Das macht aber nichts, weil es dann bei der darauffolgenden Gemeinderatswahl mit Sicherheit mindestens eine Wahlpartei geben wird, die dem Volk Restitution verspricht. ;) Auch wenn ein solches "Hin-und-her" in realiter eher unwahrscheinlich ist, soll es zeigen, dass die jeweilige Meinung der Mehrheit des Gemeindevolkes über jener des Indiviuums steht. Das haben wir alle zu akzeptieren. - Also warum aufregen? ;)

Entsprechend frei im Geiste, bin ich auch frei genug für folgende Fragen ;): Warum hat Demnig die Gedenktafeln "Stolpersteine" genannt? Zum einen werden die Steine vollständig in den Boden eingelassen, sodass man gar nicht viel leichter stolpern kann; zum anderen ist das Wort "Stolperstein" negativ konnotiert und bezeichnet eine "Schwierigkeit, an der jemand leicht scheitern kann", wohingegen die Gedenktafeln ein positives Zeichen für das "Nicht-Vergessen" darstellen sollen. Diese Metahpher macht die Vergangenheitsbewälltigung nicht gerade leichter, meine ich.

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Re: Stolpersteine

Beitragvon sinemetu » Di 9. Sep 2014, 12:22

RM hat geschrieben:Über Deinen merkwürdigen Satz mit "Verfolgte oder zu Tode gebrachte Juden handelt, nicht um deutsche Staatsbürger mosaischen Glaubens" habe ich mich sehr wundern müssen. Waren Deiner Meinung nach die Ermordeten keine deutschen Staatsbürger? Entschuldige, aber so etwas möchte ich jetzt nicht kommentieren.


Nein, mit Sicherheit waren die meisten vergasten oder sonstwie umgebrachten Juden keine Deutschen, das weißt Du auch. Das spielt aber hier in diesem Fall aber absolut keine Rolle. Die von mir erwähnten angeheirateten Verwandten haben auch nie die dt. Staatsbürgschaft besessen. Ich will damit hervorheben, daß die Sache, wie Du sieh siehst, dass es sich nämlich um persönliches Erinnern handelt, nicht unbedingt so gesehen werden muß, zumal die Ermordeten als Juden öffentlich wahrgenommen werden, was im Allgemeinbewußtsein Nichtdeutschsein impliziert, und daß damit doch der Aussöhnungsgedanke torpediert wird. Es ist ein im öffentlichem Raum vorgenommenes Erinnern.


RM hat geschrieben:Wir wollen mal klarstellen, dass Herr Röntgen die nach ihm benannten Strahlen nicht erfunden, sondern entdeckt hat.
Sehe ich auch so, während des Schreibens hatte sich der Computer abgemeldet, so daß ich alles nocheinmal schnell zu Bildschirm bringen mußte. Es ging schon bei dem Patent um den Röntgenstrahler, nicht um die Strahlen ....

RM hat geschrieben:Die Kunst in der Kunst ist auch eher die geistige Vorarbeit als die praktische Ausführung. Diese besteht bei den Stolpersteinen darin, sie als Monument zu konzipieren, das jeweils in Teilen an vielen Stellen zu sehen ist.

Naja .. geistige Vorarbeit .... ich denke, als Lateiner weißt Du, was geistige Arbeit ist.
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Re: Stolpersteine

Beitragvon sinemetu » Di 9. Sep 2014, 12:39

iurisconsultus hat geschrieben: Zum einen werden die Steine vollständig in den Boden eingelassen, sodass man gar nicht viel leichter stolpern kann;

Die, die mir bekannt sind, sind m. W. nicht vollständig eingelassen, aber ich sicherheitshalber nächste Woche noch mal kucken.
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Re: Stolpersteine

Beitragvon iurisconsultus » Di 9. Sep 2014, 13:53

Ich kenne nur einen der "Stolpersteine" aus Braunau am Inn und der ragt nicht weiter heraus als das umliegende Kopfsteinpflaster. Aber das muss freilich nichts bedeuten. Jedenfalls gefällt mir der Begriff "Stolperstein" nicht, weil er eben negativ konnotiert ist, auch wenn angeblich dereinst ein Schüler, der nach der Stolpergefahr gefragt worden ist, salomonisch geantwortet haben soll: „Nein, nein, man stolpert nicht und fällt hin, man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Stolperste ... f-arte_5-0). Ob man ihm diese Worte nicht in den Mund gelegt hat?
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Re: Stolpersteine

Beitragvon consus » Di 9. Sep 2014, 14:20

iurisconsultus hat geschrieben:... Warum hat Demnig die Gedenktafeln "Stolpersteine" genannt? ...
Servus, Iurisconsulte!
Eine kleine Randbemerkung dazu: Auch mir gefällt dieses Wort (trotz der werbewirksamen Alliteration) überhaupt nicht. Für würdevoller halte ich die heutigen sich an Jes 8, 14 (אבן נגף /éven négef/ = Stein des Anstoßes) anknüpfenden hebräischen Bezeichnungen "אבני נגף – אבני מעידה" (/avnéi négef/ - /avnéi meidáh/), also Steine des Anstoßes - Steine des Strauchelns. Aber der Initiator dieser Form des im Übrigen sehr bedeutsamen Gedenkens wollte es wohl anders.
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Re: Stolpersteine

Beitragvon consus » Di 9. Sep 2014, 14:23

iurisconsultus hat geschrieben:... Warum hat Demnig die Gedenktafeln "Stolpersteine" genannt? ...
Servus, Iurisconsulte!
Eine kleine Randbemerkung dazu: Auch mir gefällt dieses Wort (trotz der werbewirksamen Alliteration) überhaupt nicht. Für würdevoller halte ich die heutigen an Jes 8, 14 (אבן נגף /éven négef/ = Stein des Anstoßes) anknüpfenden hebräischen Bezeichnungen "אבני נגף – אבני מעידה" (/avnéi négef/ - /avnéi meidáh/), also Steine des Anstoßes - Steine des Strauchelns. Aber der Initiator dieser Form des im Übrigen sehr bedeutsamen Gedenkens wollte es wohl anders.
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Re: Stolpersteine

Beitragvon iurisconsultus » Di 9. Sep 2014, 17:05

consus hat geschrieben:Für würdevoller halte ich die heutigen an Jes 8, 14 (אבן נגף /éven négef/ = Stein des Anstoßes) anknüpfenden hebräischen Bezeichnungen

Servus, conse!

Auch gegen "Stein des Anstoßes" hätte ich so meine Vorbehalte. Zum einen wird damit im heutigen Sprachgebrauch "die Ursache der Verärgerung" bezeichnet (http://www.duden.de/rechtschreibung/Stein), was die Gedenktafeln sicher nicht sein wollen; zum anderen sollen die Menschen über die Gedenktafeln nicht "stolpern und sich beim Sturz die Knochen brechen" (http://www.bibleserver.com/text/HFA/Jesaja8). Am besten wäre, man nimmt die hebräischen Worte. Denn die versteht in unseren Breiten kaum einer, meine Person eingeschlossen. :lol:
Qui statuit aliquid parte inaudita altera,
aequum licet statuerit, haud aequus fuit.
(Sen. Med. 199-200)
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