Nun ja,
hier ein Beispiel für fundamentalistisch christlich-katholische Gewalt-Rhetorik von 1095.
Auch wenn "das" Christentum durch das Fegefeuer der Aufklärung gegangen ist und sich gemäßigt hat,
der Furor ist sicher noch da, wenn auch nicht bei tonangebenden Gruppierungen.
Bei Bedarf Belege aus kreuz.net oder brakbekaffinen Foren.
Und aus islamischen Foren fundamentalistischer Wüterei.
Oder abgeklärter Orthodoxie.
Oder agnostischer Strömungen.
„Die Hunde sind ins Heiligtum gekommen und das Allerheiligste ist entweiht ...“ (Urban II. 1095)Papst Urban II. hält am 27. November 1095 auf dem Konzil im französischen Clermont die nachfolgende Rede (vorgetragen wegen der Menge der Zuhörer auf freiem Feld vor der Stadt).
Ein Musterbeispiel für theistische, fundamentalistische Rhetorik und Argumentation:(1) Ihr wißt, geliebte Brüder, wie der
Erlöser der Menschheit, als er uns zum Heile menschliche Gestalt angenommen hatte, das
Land der Verheißung mit seiner Gegenwart verherrlichte und durch seine vielen Wunder und durch das Erlösungswerk, das er hier vollbrachte, noch besonders denkwürdig machte. (...)
(2)
(2.1)
Die Wiege unseres Heils nun,
das Vaterland des Herrn, das Mutterland der Religion, hat
ein gottloses Volk in seiner Gewalt. Das gottlose Volk der Sarazenen (Araber, Mohammedaner) drückt die heiligen Orte, die von den Füßen des Herrn betreten worden sind, schon seit langer Zeit mit seiner Tyrannei und hält die Gläubigen in Knechtschaft und Unterwerfung.
(2.2)
Die Hunde sind ins Heiligtum gekommen, und das Allerheiligste ist entweiht. Das Volk, das den wahren Gott verehrt, ist erniedrigt; das auserwählte Volk muß unwürdige Bedrückung leiden. Das königliche Priestertum muß als Sklave Ziegel brennen; die Fürstin der Länder, die Stadt Gottes, muß Tribut zahlen.
(2.3) Will einem nicht die Seele darüber zergehen, will einem nicht darüber das Herz zerfließen? Liebe Brüder, wer kann das mit trockenen Augen anhören?
Der Tempel des Herrn, aus dem er in seinem Eifer die Käufer und Verkäufer hinausgetrieben hat, damit das Haus seines Vaters nicht eine Mördergrube werde, ist nun Sitz des Teufels geworden. Die Stadt des Königs aller Könige, die den andern die Gesetze des unverfälschten Glaubens gegeben hat, muß heidnischem Aberglauben dienstbar sein.
(2.4)Die Kirche zur heiligen Auferstehung, die Ruhestätte des Herrn, steht unter der Herrschaft derer, die an der Auferstehung keinen Teil haben, sondern als
Stoppeln zur Erhaltung des ewigen höllischen Feuers werden dienen müssen.
(2.5)Die ehrwürdigen Orte sind in Schafkrippen und Viehställe verwandelt. Dem preiswürdigen Volke werden die Söhne entrissen und gezwungen, heidnischer Unreinheit dienstbar zu werden und den Namen des lebendigen Gottes zu verleugnen oder mit lasterhaftem Munde zu schmähen, und wenn sie sich den gottlosen Befehlen widersetzen, so werden sie
wie das Vieh hingeschlachtet, Genossen der heiligen Märtyrer. (.....)(3)
(3.1) Bewaffnet euch mit dem Eifer Gottes, liebe Brüder, gürtet eure Schwerter an eure Seiten, rüstet euch und seid
Söhne des Gewaltigen! Besser ist es, im Kampfe zu sterben, als unser Volk und die Heiligen leiden zu sehen. Wer einen Eifer hat für das Gesetz Gottes, der schließe sich uns an. Wir wollen unsern Brüdern helfen.
(3.2) Ziehet aus, und der Herr wird mit euch sein.
Wendet die Waffen, mit denen ihr in sträflicher Weise Bruderblut vergießt, gegen die Feinde des christlichen Namens und Glaubens. Die Diebe, Räuber, Brandstifter und Mörder werden das Reich Gottes nicht besitzen; erkauft euch mit wohlgefälligem Gehorsam die Gnade Gottes, daß er
euch eure Sünden, mit denen ihr seinen Zorn erweckt habt, um solch frommer Werke und der vereinigten Fürbitten der Heiligen willen schnell vergebe.
(4)
Wir aber
erlassen durch die Barmherzigkeit Gottes und gestützt auf die heiligen Apostel Petrus und Paulus allen gläubigen Christen, die gegen die Heiden die Waffen nehmen und sich der Last dieses Pilgerzuges unterziehen,
alle die Strafen, welche die Kirche für ihre Sünden über sie verhängt hat. Und wenn einer dort in wahrer Buße fällt, so darf er fest glauben,
daß ihm Vergebung seiner Sünden und die Frucht ewigen Lebens zuteil werden wird. W i l h e l m v o n T y r u s, Historia rerum in partibus transmarinis gestarum, 1, 15 ff. Nach der Übersetzung von E. und R. Kausler ,,Geschichte der Kreuzzüge und des Königreiches Jerusalem".
Hier Auszüge lateinisch:http://www.crusades-encyclopedia.com/incipitliberprimus.htmlCAPUT XV. Exhortatio domini papae ad populum, pro via Hierosolymitana.
Nostis, fratres dilectissimi, et vestram nosse id expedit charitatem, quomodo humani generis Reparator, pro nostra omnium salute carnem assumens, et homo inter homines conversatus, terram promissionis, quam pridem patribus promiserat, propria illustravit praesentia; et assumptae dispensationis operibus, et crebra simul miraculorum exhibitione reddidit specialiter in ignem. Id enim et Veteris et Novi, pene in omnibus syllabis, docet series Testamenti. Quadam
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sane dilectionis praerogativa certum est eam dilexisse, ita, quod eam orbis partem, imo particulam, haereditatem suam dignatus est appellare, cum ejus sit omnis terra et plenitudo ejus (Isa. XXXIV, 1) . Unde per Isaiam ait: Haereditas mea Israel (Isa. XIX, 25) ; et item: Vinea Domini Sabaoth, domus Israel est (Isa. V, 7) . Et licet totam, in partem praecipuam, sibi dedicaverit ab initio, peculiarius tamen Urbem sanctam sibi adoptavit in propriam, testante Propheta, qui ait: Diligit Dominus portas Sion super omnia tabernacula Jacob (Psal. LXXXVI, 1) . De qua gloriosa dicuntur, videlicet quod in ea docens, passus, et resurgens Salvator, salutem operatus est in medio terrae: ad hoc a saeculis praeelecta, ut tantorum esset conscia, et cella familiaris mysteriorum. Electa nimirum:
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Vos igitur, dilectissimi, armamini zelo Dei. Accingimini unusquisque gladio suo super femur suum potentissime (Psal. XLIV) . Accingimini, et estote filii potentis. Melius est enim mori in bello, quam videre mala gentis nostrae et sanctorum. Si quis zelum legis Dei habet, adjungat se nobis. Subveniamus fratribus nostris. Disrumpamus vincula
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eorum, et projiciamus a nobis jugum ipsorum (Psal. II, 3) . Egredimini, et Dominus erit vobiscum. Arma quae caede mutua illicite cruentastis, in hostes fidei et nominis Christiani convertite. Furta, incendia, rapinas, homicidia, et caetera qualia qui agunt, regnum Dei non possidebunt, hoc Deo beneplacito redimite obsequio; ut delictorum, quibus Dominum ad iracundiam provocastis, celerem indulgentiam pro vobis obtineant haec pietatis opera, et deprecatio collata sanctorum. Monemus igitur et exhortamur in Domino, et in remissionem peccatorum injungimus, ut fratribus nostris, et coelestis regni cohaeredibus (omnes enim sumus invicem membra, haeredes quidem Dei, cohaeredes autem Christi [Rom. VIII, 17] ) qui Hierosolymis et in finibus ejus habitant, afflictioni
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Anregungen:a) Versuchen Sie die vier Teile der Rede mit jeweils einer Schlagzeile zu erfassen.
b) Skizzieren Sie, wie die Rede das lokale Leitmotiv „Jerusalem“/“Heiliges Land“ entfaltet.
Zu beachten (s.unten): Zeitstrahl und Rolle des Heiligen Landes — Rolle des Westens,
Rolle der Christen; Funktion des Jenseits
.
Orient
H.L. in der Vergangenheit H.L. Gegenwart H.L. Zukunft
Okzident: Christen
Jenseits: Gott und seine Heiligen
c) Detailanalyse: Wählen Sie zwei ergiebige Details der Rede (kursive Passagen). Untersuchen Sie, welche Bilder darin abgerufen werden.
d) Das ist Rhetorik fundamentalistischer Art. Welche Merkmale lassen sich finden?
Weiterführend:http://www.manfredhiebl.de/Wilhelm-von- ... -tyrus.htmhttp://www.kerber-net.de/literatur/deut ... ii_txt.pdfhttp://www.kompetenz-interkulturell.de/ ... chihad.pdfhttp://www.latein.at/phpBB/viewtopic.php?f=11&t=24657http://www.kreuz.net/Valete