Antisemitismus

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Re: Antisemitismus

Beitragvon Brakbekl » Fr 27. Jul 2012, 17:32

Zythophilus hat geschrieben:Wie wirkt es sich aus, dass dich deine Eltern als Deutschen erzogen haben? Trägst du im Urlaub vorzugsweise Sandalen mit weißen Socken?


Ich geb's zu, ich kann's nicht lassen, nehme aber dunkle Socken. Wir haben lange Diskussionen mit meiner Frau hinter uns, aber ohne Socken rutsche ich immer aus in den Sandalen.
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Re: Antisemitismus

Beitragvon Brakbekl » Fr 27. Jul 2012, 17:41

Was mir noch auffällt zur Beschneidung ist, daß soweit diese reicht, ein unchristliches Menschenbild vorherrscht. So ist es kein Wunder, daß sklavereiähnliche Verhältnise allenthalben anzutreffen sind. Vielleicht hat dieses den Nahen Osten kennzeichnende Verhältnis zur Gewalt etwas mit der Gewalt innerhalb der Familie, des Clans zu tun, und nicht mit dem Boden, wie Laptop oben meint.
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Re: Antisemitismus

Beitragvon Zythophilus » Fr 27. Jul 2012, 17:51

Ich denke, dass es sich um eine zunächst relativ sinnvolle hygienische Maßnahme handelt, die eben als göttliches Gebot ausgegeben wird, um ihren verpflichtenden Charakter zu unterstreichen. Solche Traditionen können in weiterer Folge ihren praktischen Sinn verlieren, sodass nur mehr die Handlung als solche überbleibt.
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Re: Antisemitismus

Beitragvon RM » Fr 27. Jul 2012, 19:59

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Re: Antisemitismus

Beitragvon Zythophilus » Fr 27. Jul 2012, 20:11

Die Frage ist, in welcher Weise die Justiz vorgeht, wenn jemand eine solche Beschneidung an einem Minderjährigen durchführt bzw. durchführen lässt, wenn keine religiösen Gründe vorliegen.
Es ist nicht ganz dasselbe wie weibliche Genitalbeschneidung, graduell besteht ein Unterschied, der prinzipielle Unterschied ist wahrscheinlich der zwischen schwerer und leichter Körperverletzung.
Wir leben immerhin in einer Zeit, in der ein paar Klapse auf den Hintern, die ich hier überhaupt nicht rechtfertigen will, zu Strafen und zum Entzug des Sorgerechts führen können.
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Re: Antisemitismus

Beitragvon consus » Fr 27. Jul 2012, 21:13

RM hat geschrieben:Zu dem Thema findet man heute einen empfehlenswerten Artikel im Spiegel:http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/beschneidungen-im-judentum-kinderschutz-und-doppelmoral-a-846306.html...
Bitte auch die sich an den Beitrag anschließenden Diskussionsbeiträge lesen, auch wenn sie unterschiedliches Niveau aufweisen! Ob die da zu Tage tretenden Meinungen repräsentativ für unsere Gesellschaft sind, wage ich nicht zu beurteilen; doch sind gewisse Tendenzen erkennbar.
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Re: Antisemitismus

Beitragvon Zythophilus » Fr 27. Jul 2012, 22:01

Das Kupieren von Hundeohren ist aus Tierschutzgründen verboten.
Ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Menschen, der nicht aus medizinischen Gründen erfolgt, ist als Körperverletzung zu werten. Was körperliche Züchtigung etc. angeht, hat schon seit längerem ein positives Umdenken stattgefunden.
Eine unter sterilen Bedingungen stattfindene Tätowierung fügt einem Menschen vermutlich auch nicht mehr Schaden als die Beschneidung zu. Dennoch erfolgt bei fast jeder entsprechenden Anfrage in diesem Forum die Antwort meist nicht ohne den Hinweis auf mögliche negative Konsequenzen. Die Antragsteller sind allerdings mündige Erwachsene.
In Österreich gab es eine Verschärfung der Bestimmungen für Schönheitsoperationen, die ab sofort für Personen unter 16 Jahren generell außer aus medizinischen Gründen verboten ist.
Definiert sich Religionszugehörigkeit anhand eines Stückchens Haut?
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Re: Antisemitismus

Beitragvon Tiberis » Fr 27. Jul 2012, 23:34

ich schließe mich den ausführungen von Zythophilus an, möchte aber noch auf ein paar dinge hinweisen.
1. das von seiten der beschneidungsbefürworter ins treffen geführte recht auf religionsfreiheit wird geradezu pervertiert. die eltern nehmen es für sich in anspruch und entziehen es gleichzeitig dem neugeborenen , der durch den irreversiblen eingriff lebenslänglich stigmatisiert ist.
2. im zitierten spiegel-artikel schreibt die autorin u.a. :"der Sohn wird kurz nach der Geburt beschnitten. Damit zu warten, würde bedeuten, ihm eine wichtige Orientierung vorzuenthalten"
welche "wichtige orientierung" da vorenthalten würde, erfahren wir naturgemäß nicht. kein vernünftiger mensch , der nicht im geschlossenen , argumentationsresistenten system religiös-traditionellen denkens gefangen ist, versteht wohl, warum man mit dem eingriff nicht warten sollte, bis der betroffene von sich aus in die prozedur einwilligt.
3. eine sachliche diskussion zu diesem thema wird gerade von jüdischer seite oft erschwert bzw. von vornherein unmöglich gemacht. bloßes fuchteln mit der antisemitismuskeule (das erstaunlicherweise immer noch manche zeitgenossen beeindruckt) genügt da nicht; vielmehr fährt man schwerstes geschütz auf und redet schon einmal von einer "zweiten shoah" (Ariel Muzikant) bzw. von einer "vertreibung der juden", die das beschneidungsverbot zur folge hätte. :shock:
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Re: Antisemitismus

Beitragvon Brakbekl » Sa 28. Jul 2012, 00:19

Diese wichtige Orientierung, Tiberis, erhalten aber auch Atheisten, nur wollen die in der Regel nicht wahrhaben, daß sie genauso Anhänger einer Religion sind, wie die der anerkannten Religionen. In Wirklichkeit, Tiberis, ist ja der Angriff der Aufklärung auf die "mittelalterlichen Praktiken" nicht der der säkularen, glasklaren, sich aller ihrer Antriebe bewußten Vernunft auf die aus der Vorzeit stammenden Sitten, sondern es ist ein Angriff einer neuen Religion, einer sich ihres rituellen Charakters noch nicht einmal bewußten Religion des "rationalen Handelns". Und richtig ahnen die herkömmlichen Religionen, daß die Beschneidungsdebatte nur die Ouverture des säkularen Atheismus in seinem Kampf um die 24 Stunden jedes Menschen, die es gilt von allem zu reinigen, was irgendwie als Zugeständnis an ein höheres Wesen zu deuten möglich wäre.
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Re: Antisemitismus

Beitragvon Zythophilus » Sa 28. Jul 2012, 03:57

Bis zur Erlangung der Religionsmündigkeit bestimmen die Erziehungsberechtigten die Religionszugehörigkeit der Kinder, in Österreich und Deutschland bis zum vollendeten 14. Lebensjahr. Ich gestehe den Eltern natürlich zu, dass sie ihre Kinder im Sinne ihrer eigenen Religion erziehen, doch ich denke - da bin ich voll bei Tiberis -, dass eine Verstümmelung, mag sie auch noch so klein sein, die die spätere Religionszugehörigkeit gewissermaßen körperlich festlegt, die spätere Religionsfreiheit der zu Erziehenden einschränkt.
Daher finde ich es bedenklich, wenn die katholische Kirche Österreichs - bzw. deren Vertreter - in der Diskussion einen Angriff auf die religiöse Erziehung allgemein sieht. http://www.kathweb.at/site/nachrichten/ ... 48299.html
Eine Aussage wie
Klar ist, dass das Recht auf Religionsfreiheit auch das Recht der Eltern auf religiöse Erziehung ihrer Kinder beinhaltet. Diese sollen durch den Glauben in ihrer Entwicklung und Identität so gestärkt werden, dass sie später selbst eine Glaubensentscheidung treffen können.
würde ich spontan nicht als Rechtfertigung der Beschneidung, sondern als das Gegenteil sehen. Eine "gelungene" religiöse Erziehung kann meinetwegen auch ins Akzeptieren solch relativ geringfügiger körperlicher Verstümmelungen münden. Dann sollte man aber bitte auch nicht über schlagende Burschenschafter, deren Einstellung ich nicht teile, herziehen, die als Erwachsene einander die Gesichter aufschlitzen. Das ist auch schmerzhaft, aber keineswegs sehr gefährlich, bleibt lebenslänglich erhalten und zeigt deren Weltanschauung.
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Re: Antisemitismus

Beitragvon Brakbekl » Sa 28. Jul 2012, 07:47

Ich möchte hier noch einmal nachdrücklich darauf verweisen, daß eine Bearbeitung des Körpers mitnichten eine alleinige Angelegenheit theistischer Religionen ist. Die Besonderheit besteht hier nur darin, daß zur Begründung derartigen Tuns auf einen Gott verwiesen wird, bzw. auf ein göttliches Gebot.

Wenn es jedoch darum geht, welche Religion dem Körper gegenüber am rücksichtslosesten vorgeht, muß unbedingt auf den praktischen Materialismus verwiesen werden, dessen zivilreligiöse Praxis Sport ja sozusagen gnadenlos dopt, und dessen allein körperkultzentrierte Abteilung "Bodybuilding" von gigantischen Zuwachsraten berichtet. Hierher gehört das Tätowieren genauso wie die Brustvergrößerung. Sowas erhalten inzwischen jugendliche zur Jugendweihe als Geschenk, und in den Staaten soll schon die Mehrheit der minderjährigen Mädchen damit konfrontiert sein. Hier regt sich die fleißig mitverdienende Medizinerschaft nicht auf, und ich bin überzeugt, der Aufschrei in Deutschland wäre auch weit geringer ausgefallen, wenn man am Umsatz der Beschneidungsbranche beteiligt wäre.
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Re: Antisemitismus

Beitragvon Zythophilus » Sa 28. Jul 2012, 09:37

Staaten dienen dazu, ein geregeltes Leben der Menschen zu ermöglichen. Sie schrenken daher die Freiheit der einzelnen ein, damit andere nicht geschädigt werden. Oft wird das auch dazu verwendet, die Freiheit und Verantwortung der einzelnen einzuschrenken, damit sie sich nicht selber schädigen. Derzeit sind Zusatzteuern auf ungesunde Lebensmittel im Gespräch, bei Nikotin und Alkohol gibt es sie bereits. Drogen und die meisten Dopingmittel sind verboten. Hier macht sich also nicht nur der Konsument, der ja eigentlich nur sich selber schädigt, sondern auch der, der sie weitergibt strafbar, weil er diese Schädigung ermöglicht. Körperverletzung ist ohnehin ein Offizialdelikt. Die Diskussion um Schönheitsoperationen ist ein gutes Beispiel: Wieso soll ich mein minderjähriges Kind nicht auch mittels eines Eingriffes meinem Schönheitsideal anpassen dürfen?
Im religiösen Bereich wird jetzt auf einmal deutlich, dass zumindest eine spezielle Form der Körperverletzung, die sonst strafbar ist, unter "Religionsfreiheit" toleriert werden soll. Wieso soll ich mein minderjähriges Kind mittels eines Eingriffes meinem religiösen Ideal anpassen dürfen? Ein religiös neutraler Staat unterscheidet hier, was gut und falsch ist. Bis jetzt ist das offensichtlich nicht wirklich aufgefallen.
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Re: Antisemitismus

Beitragvon consus » Sa 28. Jul 2012, 09:45

Noch eine kleine Anm.
In der am 4. Juli 2012 in der Zeit von 22.15 bis 23 Uhr vom deutschen Fernsehsender Phoenix gesendeten Diskussion "Religion gegen Recht - Ist die Beschneidung zulässig?" nannte einer der anwesenden Religionsvertreter, gleichsam vom hohen Ross der Religion herunter, das Urteil des Kölner Landgerichts, wenn ich mich recht erinnere sogar zweimal, eine "Provinzposse". Da offenbart sich eine höchst bedenkliche Einstellung. Man muss nicht mit einem Urteil einverstanden sein, sollte es aber doch nicht am nötigen Respekt vor der Judikative, einer der tragenden Säulen des demokratischen auf Gewaltenteilung beruhenden Rechtsstaates fehlen lassen. (Ich war auch persönlich empört, da ein mir ganz eng verbundener Familienangehöriger das Richteramt ausübt.)
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Re: Antisemitismus

Beitragvon Brakbekl » Sa 28. Jul 2012, 10:13

@Zythophilen

Eine Art Eingriff, die wir wohl alle tolerieren im minderjährigen Alter wäre das Richten bzw. Ziehen von Zähnen. Mir hat ein Arzt im zarten Alter von 12 Jahren eine Zahn gezogen, der im Gaumen wuchs. Dieser war natürlich gewachsen und die Korrektur erfolgte, dessen sollen wir uns ehrlicherweise bewußt sein, aufgrund der Ausrichtung an einem kulturell bedingten Ideal. Realiter gesprochen, ist das auch Religion! Es ist das Ideal der Natürlichkeit.
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Re: Antisemitismus

Beitragvon RM » Sa 28. Jul 2012, 14:59

Ich persönlich habe schon Kinder gesehen, die mit 5 oder 6 Jahren Ohrlöcher gestochen bekommen haben. Ist das jetzt ebenfalls eine Körperverletzung im Sinne des Urteils? Wie ist es mit dem Schneiden der Haare oder dem Tragen eines Kopftuches? Was ist, wenn das Kind einverstanden ist?
Nicht immer bewegt sich die Judikative auf gesichertem Terrain, insbesondere wenn sie Praktiken, die seit Langem und an vielen Orten der Welt ausgeübt werden, einfach als Körperverletzung gegenüber dem Kind hinstellt. Ist es für das Wohl des Kindes innerhalb einer z.B. jüdisch geprägten Familienstruktur nicht wesentlich diskriminierender und erniedrigender, diese Prozedur nicht über sich ergehen lassen zu haben? Da muss man sich schon fragen, aufgrund welcher fundierter neuer Erkenntnisse bestimmte Richter so urteilen - denn meistens beruhen solche Urteile auf irgendwelchen Meinungen sehr weniger Gutachter. Ein Blick in die U.S.A. offenbart tatsächlich, dass das Kind wohl keinen Schaden davonträgt. Insofern halte ich dieses Urteil für insgesamt nicht haltbar, auch weil es offenbart, dass unsere sogenannte "Leitkultur" zu merkwürdigen Nebeneffekten führt.
Aber was wird das Urteil ändern? Außer dass viele jüdische und muslimische Eltern den Eingriff jetzt einfach in einem anderen Land durchführen lassen werden, wohl gar nichts.

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