außer

Beiträge zu Themen, die in keine andere Kategorie passen

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

außer

Beitragvon Brakbekl » Sa 23. Apr 2011, 10:44

Hallo,

Fand den Satz. "Außer der bezahlten Claqeure im und außerhalb des Parlaments glaubte ihm das keiner."

Quelle:http://www.faz.net/s/Rub87AD10DD0AE246EF840F23C9CBCBED2C/Doc~EAAC2D5D4363446C89B8608EE3EA47A90~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Müßte es nicht heißen: Außer den bezahlten Claqeuren....

Ich bin verunsichert......
fide et virtute famam quaere
Benutzeravatar
Brakbekl
Senator
 
Beiträge: 3264
Registriert: Sa 18. Aug 2007, 15:07

Re: außer

Beitragvon Hippomenes » Sa 23. Apr 2011, 12:32

Bei "außer" scheiden sich die Geister.

In deinem Beispiel kann man Nominativ, Genitiv und Dativ vertreten.

Außer der bezahlten Claqeure glaubte ihm das keiner.
Außer die bezahlten Claqeure glaubte ihm das keiner.
Außer den bezahlten Claqeure glaubte ihm das keiner.

Der Genitiv, wie im Link zu finden, ist die sprachlich beste Wahl.

Dazu: http://www.sprache-werner.info/Ausser-i ... .4428.html
Hippomenes
Propraetor
 
Beiträge: 185
Registriert: Fr 4. Sep 2009, 13:04

Re: außer

Beitragvon Willimox » So 24. Apr 2011, 04:20

Salute, Hippomenes

Ich vermute, dies ist der Hintergrund für die These, alle drei Kasus seien möglich

Der Duden-Band "Richtiges und gutes Deutsch" nennt Beispiele:
"Niemand kann es herausbekommen außer ich (!) selbst." (Nominativ, 1. Fall.)
"Ich entsinne mich aller dieser Vorfälle nicht mehr außer eines (!) einzigen." (Genitiv, 2. Fall.)
"Ich kenne niemanden außer ihn (!)." (Akkusativ, 4. Fall.)

Nun ist aber in unserem Beispiel "außer" eine Präposition im Vorfeld des Satzes und nicht eine Art Konjunktion im Sinne von "wenn nicht".
Der Genitiv ist auf einige eher archaische Wendungen beschränkt: Er geht außer Landes.
Der Nominativ scheint von daher holprig: außer die Claqueure. Gehen würde wohl: Keiner glaubte ihm das, außer die bezahlten Claqueure.
Bleibt der Dativ Plural:
außer den bezahlten Claqueuren

Von all diesen grammatischen Überlegungen abgesehen:

Auch bezahlte Claqueure glauben so etwas nicht, sie werden ja dafür bezahlt, eine Meinung zu beklatschen. Also ist der Satz auch als Message nicht besonders einleuchtend. Es sein denn/Außer wenn: Der Autor hat hier um die Ecke eine ironische Wendung installieren wollen.

Vale
Benutzeravatar
Willimox
Senator
 
Beiträge: 2725
Registriert: Sa 5. Nov 2005, 21:56
Wohnort: Miltenberg & München & Augsburg

Re: außer

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 07:58

Es gibt übrigens noch eine Präposition mit nachfolgedem Nominativ, aber ich vermute, daß hier dasselbe der Fall ist, wie beim konjunktionalen Gebrauch von " außer".

Sie sehen jetzt: "Tiger gegen Löwe"

Hier ist gegen auch konjunktionsartig verwendet. Normalerweise ist ja gegen mit dem Akk. verbunden.
Zuletzt geändert von Brakbekl am So 24. Apr 2011, 13:51, insgesamt 1-mal geändert.
fide et virtute famam quaere
Benutzeravatar
Brakbekl
Senator
 
Beiträge: 3264
Registriert: Sa 18. Aug 2007, 15:07

Fall

Beitragvon Willimox » So 24. Apr 2011, 13:50

Salute, brakbekl!

Es gibt übrigens noch eine Präposition im Nominativ, aber ich vermute, daß es sich um den selben Fall handelt, wie bei außer.

Sie sehen jetzt: "Tiger gegen Löwe" Hier ist gegen auch konjunktionsartig verwendet. Normalerweise ist ja gegen mit dem Akk. verbunden.


Die markierten Stellen liefern und erzeugen - scheint mir - einiges an Missverständnissen.
Benutzeravatar
Willimox
Senator
 
Beiträge: 2725
Registriert: Sa 5. Nov 2005, 21:56
Wohnort: Miltenberg & München & Augsburg

Re: Fall

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 13:52

Willimox hat geschrieben:Die markierten Stellen liefern und erzeugen - scheint mir - einiges an Missverständnissen.


Du hast Recht. Ich hab’s im Original verdeutlicht.
fide et virtute famam quaere
Benutzeravatar
Brakbekl
Senator
 
Beiträge: 3264
Registriert: Sa 18. Aug 2007, 15:07

gegen als eine Art Konjunktion? Schlagzeilen-Grammatik

Beitragvon Willimox » So 24. Apr 2011, 14:49

Bin mir nicht sicher, ob das Beispiel "Tiger gegen Löwe" sticht. Das Beispiel belegt die These, "gegen" sei hier nicht als Präposition gebraucht. Denn: Die Präposition "gegen" verlangt den Akkusativ. Der Akkusativ von "(der) Löwe" heißt "(den) Löwen. Da hier aber "Löwe" steht, kann "gegen" nicht die Präposition sein.

Probleme dieser Argumentation:

a) "gegen Löwen" wäre polysem (Singular oder Plural), vielleicht Verzicht auf grammatische Korrektheit zugunsten Eindeutigkeit im Numerus
b) Wie geläufig wäre "Der Tiger gegen der Löwe" (bb1)? Oder würde man nicht doch "Der Tiger gegen den Löwen" erwarten (b2)? Und wenn nicht: Ist dann nicht in b1 eine Art Metaebene eingezogen ("Der Tiger" gegen "Der Löwe")?
c) die schwache Flexionsklasse (Zeuge, Rabe) mag in dieser "gegen"-Position ihren Sonderstatus verlieren und sich den andren Klassen angleichen, also auf ihre Flexionsendung verzichten.
d) Der grammatische Kürzelstil dieser "Schlagzeilentechnik" setzt normale Grammatikregeln der Wohlgeformtheit außer Kraft. Vor allem wird auf Artikel verzichtet, Das nimmt dem Lexem "gegen" nicht unbedingt den Präpositionalstatus, hier etwa dem Lexem "zwischen":

Streit zwischen Richter und Zeuge(n)
Zuletzt geändert von Willimox am Mo 25. Apr 2011, 07:23, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Willimox
Senator
 
Beiträge: 2725
Registriert: Sa 5. Nov 2005, 21:56
Wohnort: Miltenberg & München & Augsburg

Re: gegen als eine Art Konjunktion? Schlagzeilen-Grammatik

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 15:27

Willimox hat geschrieben:d) Der grammatische Kürzelstil dieser "Schlagzeilentechnik" setzt normale Grammatikregeln der Wohlgeformtheit außer Kraft. Vor allem wird auf Artikel verzichtet, Das nimmt dem Lexem "gegen" nicht unbedingt den Präpositionalstatus, hier etwa dem Lexem "zwischen": ]


Da muß was dran sein. Ist ja Bild-Stil, oder Fußball-Stil.

Willimox hat geschrieben:Streit zwischen Richter und Zeuge(n)


hier versteckter Akkusativ
ebenso bei: Der Richter setzt die Verordnung außer Kraft.
gemeint ist: außer die Kraft setzten.
fide et virtute famam quaere
Benutzeravatar
Brakbekl
Senator
 
Beiträge: 3264
Registriert: Sa 18. Aug 2007, 15:07

Re: außer

Beitragvon Hippomenes » So 24. Apr 2011, 19:23

Nur noch einmal zur Klarstellung:

Beispielsatz:

a) Alle feiern Ostern außer ich.
b) Alle feiern Ostern außer meiner.
c) Alle feiern Ostern außer mir.

a) mit Bauchschmerzen möglich?
b) unmöglich?
c) erste Wahl?

Präposition oder Konjunktion?

Ich bitte um Klarstellung.
Hippomenes
Propraetor
 
Beiträge: 185
Registriert: Fr 4. Sep 2009, 13:04

Re: außer

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 20:26

Dann ist es wohl der Nominativ.

Etwas außer (die) Kraft setzen. Zugegeben, klingt absolut bescheuert.
fide et virtute famam quaere
Benutzeravatar
Brakbekl
Senator
 
Beiträge: 3264
Registriert: Sa 18. Aug 2007, 15:07

Re: außer

Beitragvon Willimox » Mo 25. Apr 2011, 00:27

Salute, Hippomenes,

interessantes Phänomen die "außer-Sache":

I Präposition und Konjunktor :

Hier noch einmal die Duden-Perspektive

1. Das Wort außer kann man sowohl als Präposition wie auch als Konjunktion verwenden.

2. Die Präposition außer

2.1 regiert in der Bedeutung „ausgenommen, abgesehen von” den Dativ: „Außer einem kleinen Fleck auf der rechten Bauchflosse wies der Koi keinen Makel auf.” „Es ist nichts gewesen – außer den Spesen.”
2.3. In der Bedeutung außerhalb verlangt sie ebenso den Dativ: „Ich war außer mir.”
2.4 Steht aber in dieser Bedeutung außer in Abhängigkeit von einem transitiven Verb der Bewegung, wird meist der Akkusativ verwendet: „Die Fanatikerin hat sich selbst außer jede staatliche Ordnung gestellt.”

3. Daneben kann außer auch als Konjunktion aufgefasst werden.
Als solche verlangt außer keine Rektion. Der Kasus des folgenden Substantivs bzw. der folgenden Wortgruppe wird vom Verb bestimmt. Das heißt, dieser Kasus entspricht dem des Bezugswortes: „Außer einen kleinen Fleck auf der rechten Bauchflosse wies der Koi keinen Makel auf.” „Es ist nichts gewesen – außer die Spesen.” „Der hysterische Messdiener verdächtigte den Küster fast aller Verbrechen außer des Opferstockdiebstahls.”

II Ostern

a) Alle feiern Ostern außer ich. Konjunktor-Typus, gleicher Kasus wie Alle
b) Alle feiern Ostern außer meiner. Präpositionstypus. Wohl im heutigen Deutsch nicht mehr möglich
c) Alle feiern Ostern außer mir. Präposition mit Dativ, genauso gut möglich wie Konjunktortyp a, wohl sogar besser möglich.

III Zeuge

a) Außer diesen Zeugen suchte ich in Wien niemanden.
b) Außer diesem Zeugen suchte ich in Wien niemanden.
c) In Wien suchte ich niemanden außer diesen Zeugen.
c´) In Wien wurde niemand gesucht außer dieser Zeuge.
d) In Wien suchte ich niemanden außer diesem Zeugen

b) und d) weisen jeweils die Dativ-Präposition auf.
a) und c) arbeiten mit einem Konjunktor.

Vom Sprachgefühl her scheinen mit alle vier Sätze die gleiche Aussage zu treffen.
Die Formulierung in a) scheint mir etwas wacklig zu sein, jedenfalls eher ungebräuchlich.
Wahrscheinlich zieht man c) vor.

Einen Genitiv im Setting b und d zu setzen ist wohl eher ungebräuchlich.

c´zeigt vergleichsweise deutlich, dass in c und c´keine Präposition vorliegt, sondern Rektion durch das Verb. Im anderen Fall müsste man als Ergebnis akzeptieren, dass "außer" als Präposition den Akkusativ und den Nominativ regiert. Das ist ein echtes Problem für die Präpositionsthese, weil der Nominativ als Standardkasus fungiert und Präpositionen dadurch definiert sind, dass sie einen Nichtstandardkasus hervorrufen.

Eine Formulierung wie "In Wien gedachte ich keines Menschen außer des Zeugen XY" scheint mir recht holprig, aber wohl möglich. Auch das ist dann ein Argument, bei "außer" im Präpositionalstatus die Dativrektion als Standard anzuerkennen.

Was meinst du?

Vale
Zuletzt geändert von Willimox am Mo 25. Apr 2011, 07:30, insgesamt 3-mal geändert.
Benutzeravatar
Willimox
Senator
 
Beiträge: 2725
Registriert: Sa 5. Nov 2005, 21:56
Wohnort: Miltenberg & München & Augsburg

Re: außer

Beitragvon Laptop » Mo 25. Apr 2011, 00:31

außer .. als Konjunktion ... verlangt .. keine Rektion

Sehe ich nicht ganz. Es kann sein, daß eine Rektion die andere überlagert, da sie in den Augen des Sprechers wichtiger ist.

... „Außer einen kleinen Fleck ... wies der Koi keinen Makel auf.”

Hier muß m.E. auch der Dativ stehen.

„Die Fanatikerin hat sich selbst außer jede staatliche Ordnung gestellt.”

Gibt es ein gebräuchliches Beispiel für diese Verwendung von außer?
SI·CICERONEM·ÆMVLARIS·VERE·NON·VIVAS (get a life!) OBITER·DICTVM·BREVITAS·DELECTAT (keep it short and simple = kiss)
Benutzeravatar
Laptop
Augustus
 
Beiträge: 5737
Registriert: Sa 12. Mai 2007, 03:38

Re: außer

Beitragvon Brakbekl » Mo 25. Apr 2011, 07:51

Willimox hat geschrieben:Eine Formulierung wie "In Wien gedachte ich keines Menschen außer des Zeugen XY" scheint mir recht holprig, aber wohl möglich. Auch das ist dann ein Argument, bei "außer" im Präpositionalstatus die Dativrektion als Standard anzuerkennen.

Was meinst du?

Vale


Hier ist doch der Genitiv "des Zeugen" eindeutig eine Rektion, die auf das Verb gedenken zurückgeht. Ich gedenke seiner. Demnach wäre hier der Konjunktionscharakter von außer gegeben.

Gruss
fide et virtute famam quaere
Benutzeravatar
Brakbekl
Senator
 
Beiträge: 3264
Registriert: Sa 18. Aug 2007, 15:07

Re: außer

Beitragvon Willimox » Mo 25. Apr 2011, 10:39

Salute, brakbekl

Alle feiern Ostern außer meiner.

Hippomenes diskutiert an, inwieweit im heutige Deutsch noch eine Genitivrektion bei "außer" möglich ist. Der von ihm genannte Satz wirkt sehr holprig. Nun könnte man einwenden, es gebe ja auch noch den Satz

"Ich gedachte keines Menschen außer des Zeugen".

Aber: Der genannte Satz mit "ich gedachte keines Menschen außer des Zeugen" wirkt in jeder Lesart holprig.
a) Das heißt auf der Syntaxebene lässt sich der Ausdruck vielleicht gerade noch als Konjunktor retten. Holprig bleibt er.
b) Als Präposition mit dem Genitiv wird ihn trotz archaischer Wendungen kaum einer interpretieren.

Das bedeutet: Als Präposition ist "außer" standardmäßig mit dem Dativ verknüpft. Somit ist die Genitivvrektion von "außer" wirklich nur in festgefrorenen Wendungen wie "außer Hauses sein", "außer Landes leben"/"gehen" existent.

@laptop

Akkusativformeln bei Verben der Bewegung:

etwas außer jeden Zweifel stellen, ein Schiff außer Dienst stellen, ein Schiff außer Gefecht setzen, ich geriet außer mich/mir (Er geriet außer sich).

greetse
Benutzeravatar
Willimox
Senator
 
Beiträge: 2725
Registriert: Sa 5. Nov 2005, 21:56
Wohnort: Miltenberg & München & Augsburg

Re: außer

Beitragvon Brakbekl » Mo 25. Apr 2011, 10:49

Also, die Präpositionsthese überzeugt mich nicht mehr. In folgenden Sätzen findet die Rektion des durch außer ausgeschlossenenen Wortes immer in der Valenz des jeweiligen Verbes seine Bestimmung.

Gen.: Ich gedenke der Opfer des Anschlages außer der Terroristin, die ihrem eigenen Wahn zum Opfer fiel.
Dat.: Ich gebe den Kindern, außer dem Tom, der mich bestohlen hat, Gummibärchen.
Akk.: Ich liebe alle Bäume, außer den Eibenbaum, der giftige Früchte hat.
fide et virtute famam quaere
Benutzeravatar
Brakbekl
Senator
 
Beiträge: 3264
Registriert: Sa 18. Aug 2007, 15:07

Nächste

Zurück zu Sonstige Diskussionen



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 5 Gäste