homosexuell

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homosexuell

Beitragvon Brakbekl » Di 21. Sep 2010, 08:42

Hallo,

das Wort ist wie sein Counterpart heterosexuell auch ein sog. Bastardwort eine Mischung aus Griech. und Latein. Weiss jemand den Präger, oder etwas über sein erstes Vorkommen? (Freud?) Im medizinischen Soziolekt scheinen derartige Wörter gehäuft vorzukommen.

Interessant nun die Entwicklung zu homophob. Homo wird als Abkürzung zu Homosexueller genommen, und nochmal mit einer griech. Wurzel verbunden. Man könnte ja auch "menschangstig" verstehen. Griechisch verstanden heißt es aber "gleichangstig". Oh lingua, oh mores.

Interessant zu dem Worte homosexuell ist die Frage, warum es nicht homoiosexuell oder homöosexuell heißt, denn man spricht ja auch von Homöopathie u. v. a. m. Es hält sich ja auch penetrant das erste lange O.

Darüberhinaus dünkt mich, daß das griech. ὁμοίως durchaus mit dem lat. homo, hominis verwand sein könnte, denn unser Wort gleich ist über Leiche dem Menschen auch verwandt, bzw. selbstämmig. Es ist bemerkenswert, daß der Gedanke der Idemtitas, oder der Ähnlichkeit in den verschiedenen Sprachen ausgerechnet bei so einem ausgemachten Beispiel der Ungleichheit, wie es zwei beliebige Menschen eben immer nur sein können, ansetzt. Auch das Ungarische steht mit hasanló (ähnlich) und hos/hús (Bauch/Fleisch) in derselben Tradition.
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Re: homosexuell

Beitragvon Brakbekl » Mi 22. Sep 2010, 15:39

ad longipedem...

Longipes hat geschrieben:Nicht jeder Homosexuelle ist Latinist :D


Diese Vermutung war noch nicht über den Horizont meines Bewußtseins gestiegen.

Du bist nicht der einzige, der die etwas ungeschickte Wortbildung kritisiert


Also, mir ging es eher um eine Bemerkung, nicht um Kritik.

Kranich!
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Re: homosexuell

Beitragvon Brakbekl » Mo 8. Nov 2010, 10:38

Nochmal zu griech: ὁμοίως. Es gibt ja auch die Variante: ὁμός; ὁμή; ὁμόν. Ich weiß jetzt nicht, wie gut die belegt ist, und wann man ὁμοίως bevorzugen würde. Das müßte mal ein Gräzist beantworten. Insofern wäre das Wort homosexuell doch gut gebildet, obwohl man wegen des langen o an der zweiten Stelle eher ein Omega vermuten würde. Vielleicht hat der Former an das Adverbum gedacht? Fraglich ist in jedem Fall, warum die Prägung nicht rein Griechisch oder Latein ist.

Dagegen ist in jedem Fall ist das Wort Homophobie mehr als unglücklich gebildet: "von griech. ὁμός homós[1]: gleich; φόβος phóbos: Angst, Phobie"

Siehe Wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/Homophobie
Und ich vermute auch, daß die Präger kein Blick ins Wörterbuch getan haben, denn sie haben vermutlich für Sprachpflege wohl weniger Sinn, als für polit. Rhetorik.

Die Anmerkung: "1↑ „Homo“ – gr. „gleich“, (manchmal auch abwertende) Abkürzung für Homosexuelle"
unterschlägt, daß das Wort korrekt Homosexuellenphobie heißen müßte, denn ein Gleichfurcht entbehrt jeden Sinnes und Homophobie oft auch als Menschenfurcht mißverstanden wird, indem der erste Teil irrtümlicherweise auf lat. homo, hominis zurückgeführt wird.

Im Übrigen zur Erklärung des Phänomens, und dessen Mißdeutung durcht das Wort Homophobie. Es handelt sich nicht um eine Phobie, sondern um eine Vorsichtsmaßnahme. Denn die Reaktion der Menschen ist keine vor dem (eingebildeten) Sein des "Homos", sondern vor seiner Handlung und deren Ächtung. Es handelt sich also nicht um eine irrationale Phobie vor einem Gespenst, sondern um eine rational begründete Ablehnung der asozialen Tat eines Delinquenten, nachdem man Einsicht in dessen Tun und Lebensweise gewonnen hat. Man meidet eine Dieb, weil es die Erfahrung gibt: Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen. Das ist das ganze Geheimnis der sog. Phobie, die meines Erachtens nur eine Kampfvokabel ist.
Zuletzt geändert von Brakbekl am Mo 8. Nov 2010, 15:34, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: homosexuell

Beitragvon Laptop » Mo 8. Nov 2010, 15:28

@Brabeckel die Fehlbildung „Homophob“ ist an sich recht durchschaubar, sie entstammt aus dem anglophonen Sprachbereich, wo ganz selbstverständlich mit Sprache liederlich umgegangen wird. Aus demselben Grunde ist das Englische auch eine so einfache und flexible Sprache, was man anerkennen muß, auch wenn sie mir persönlich zuwider.

Kritischer finde ich das deutsche Schindluder, wo Begriffe nach Belieben umdefiniert werden bspw. «Qualität wird laut der Norm EN ISO 9000:2005 (der gültigen Norm zum Qualitätsmanagement), als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“». Hier biegt man sich den Begriff „Qualität“ so zurecht, wie man es gerne hätte, was ich für problematisch halte, da es eine offizielle Norm ist.
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Re: homosexuell

Beitragvon Brakbekl » Mo 8. Nov 2010, 15:47

Laptop hat geschrieben:Kritischer finde ich das deutsche Schindluder, wo Begriffe nach Belieben umdefiniert werden bspw. «Qualität wird laut der Norm EN ISO 9000:2005 (der gültigen Norm zum Qualitätsmanagement), als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“». Hier biegt man sich den Begriff „Qualität“ so zurecht, wie man es gerne hätte, was ich für problematisch halte, da es eine offizielle Norm ist.


Dem kann ich nicht ganz folgen. Vom Umdefinieren als Hobby der Giornalisten spricht ja schon Schopenhauer.
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Re: homosexuell

Beitragvon Platon » Mo 8. Nov 2010, 17:08

Schau mal brakbekl,
ich habe ganz große Probleme auf die Straße zu gehen bzw. tue es nur mit einigem Unwillen, weil dort lärmende Stahlrösser wüten und ich unsägliche Angst habe, mein Leben zu verlieren. Eines Tages kam ich auf eine grandiose Idee, ich könnte doch meinen (durch diese Sorgen hervorgerufenen) Arbeitsunwillen bei meinem Arbeitgeber melden, es fehlte also nur noch die passende Diagnose. Da fiel mir ein: Phobie klingt immer gut, jetzt musste ich nur noch vorne dran setzen, wovor ich mich fürchte, geboren war: die Autophobie. Das verstand sogar mein Arbeitgeber. Ihm war es egal, dass man diese Diagnose auch als Angst vor der eigenen Person übersetzen könnte, ebenso dass "Auto" eigentlich eine Abkürzung für einen griechisch-lateinischen Bastard ist, der sich ja mal so gar nicht von alleine bewegt. Er versuchte mich als Person zu verstehen, das gelang ihm zwar nicht, mein Ziel, mich ihm in möglichst kurzer Manier verständlich zu machen und einen Arbeitsbegriff für die weitere Kommunikation mit ihm zu schaffen, erreichte ich aber dennoch.
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Re: homosexuell

Beitragvon Clemens » Mo 8. Nov 2010, 17:30

Im Übrigen zur Erklärung des Phänomens, und dessen Mißdeutung durcht das Wort Homophobie. Es handelt sich nicht um eine Phobie, sondern um eine Vorsichtsmaßnahme. Denn die Reaktion der Menschen ist keine vor dem (eingebildeten) Sein des "Homos", sondern vor seiner Handlung und deren Ächtung. Es handelt sich also nicht um eine irrationale Phobie vor einem Gespenst, sondern um eine rational begründete Ablehnung der asozialen Tat eines Delinquenten, nachdem man Einsicht in dessen Tun und Lebensweise gewonnen hat. Man meidet eine Dieb, weil es die Erfahrung gibt: Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen. Das ist das ganze Geheimnis der sog. Phobie, die meines Erachtens nur eine Kampfvokabel ist.

Erkläre mir doch bitte diesen Absatz noch einmal - und was er andeutet. :-)
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Re: homosexuell

Beitragvon Zythophilus » Mo 8. Nov 2010, 17:54

Bei "Phobie" gilt es zwischen einer tatsächlichen krankhaften Angst und einer Abneigung gegen etwas bzw. gegen bestimmte Personengruppen zu unterscheiden.
Im ersten Fall ist Phobie ein medizinischer t.t. Ein zweiten Fall ist es bestenfalls ein Begriff aus der Sozialwissenschaft, eher aber der Versuch, ein Verhalten, das man nicht billigt, durch einen wisschenschaftlich klingenden Begriff noch suspekter zu machen.
"Homophobie" hätte als "Angst vor Gleichem" wenig Sinn. Verkürzend oder verfälschend machte man aus einer Angst vor bzw. einer Ablehnung von Homosexualität "Homophobie" - vermutlich schon deshalb, weil "Homosexualitätsphobie" in der Alltagssprache zu umständlich wäre.
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