Was ist "typisch roemisch"

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Was ist "typisch roemisch"

Beitragvon chefren » Mo 23. Jun 2008, 17:16

Wir haben schon so lang keiner sinnvollen Diskussionen mehr gehabt :)

Von daher: Was ist in euren Augen "typisch roemisch"

Hintergrund: Vorlesung provinzial-roemische Archaeologie
Eine der Ausgangsfragen der Vorlesung, worueber wir uns heute aufgrund von Krankheit des Dozenten, 45min etwas aus den Fingern saugen duerften

Was faellt euch also spontan dazu ein? :)
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Beitragvon CP » Mi 25. Jun 2008, 11:27

Salvete!

Als typisch betrachte ich, daß die Römer überall in ihrem Herrschaftsgebiet funktionierende Infrastrukturen schufen.

Beispielsweise in Form von gut angelegter Straßen und Wasserleitungen.

Die Dichte an Badeanlagen, wie sie die Römer schufen, wurde im Okzident erst Ende des 19. Jhdts. wieder erreicht.

Die "Verwaltungsapparate" waren ebenfalls sehr gut entwickelt und in ihrer Effizienz erst im 18. Jhdt. wieder erreicht.
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Beitragvon juergen » Mi 25. Jun 2008, 11:56

CP hat geschrieben:Die "Verwaltungsapparate" waren ebenfalls sehr gut entwickelt und in ihrer Effizienz erst im 18. Jhdt. wieder erreicht.


http://youtube.com/watch?v=3L8aFkOXjb8

:lol:
Gruß Jürgen

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Beitragvon CP » Do 26. Jun 2008, 13:59

Salvete!

Ganz offensichtlich wird hier nicht so vieles als typisch römisch empfunden!

Auch das "Haus, das Verrückte macht" scheint nicht so typisch römisch; ähnliches hatte ich vor ein paar Wochen auf dem Generalkonsulat eines Levantestaates erlebt und noch früher beim Arbeitsamt! :twisted:

Vielleicht müßte man fragen:

Was ist typisch deutsch: Pickelhaube, Sauerkraut, Bier, trotz jämmerlicher Leistungen in die EM-Schlußrunde zu kommen?

Was ist typisch englisch: Lauwarme Cerevisia, totgekochtes Gemüse, die Queen?

Was ist typisch italienisch: leckere Nudelgerichte. "latin lovers", wunderbare Städte und Kunstschätze.

Man sieht schon, daß ich für Italien voreingenommen bin, auch wenn ich mit "latin lovers" eigentlich eher nichts am Hut habe. Aber alleine schon die italienischen Küchen (da gibt es nämlich enorme regionale Unterschiede), entschuldigt, liebe Franzosen, sind für mich die besten der Welt.

Und die Römer? Eine fernostasiatisch anmutende Fischsauce (Liquamen auch "Garum" genannt), Nachtigallenzungen ... Die Gladiatoren kriegten nur Bohnen, die Verpflegung der Legionäre ... Schwamm drüber!

Was mich an den Römern, da spielt natürlich meine Ausbildung als Architekt eine große Rolle, sehr fasziniert, ist daß sie als erste die Ingenieurbaukunst systematisch entwickelten. Natürlich gab es schon im alten Mesopotamien hochentwickelte Wasserbauwerke, die Römer aber, man schaue nur mal in Vitruvs Decem libri de architectura, entwickelten dies alles viel weiter. Hier wurde die Ingenieurbaukunst zur lehrbaren Disziplin. Auch die Griechen besaßen Tonnengewölbe, oft liest man etwas anderes, aber das ist falsch, man schaue sich dazu nur die überwölbten Treppenaufgänge der hellenistischen Stadtmauer in Pergamon an, die Römer aber wandten sich der Stereometrie zu, so daß komplizierte Verschneidungen von Tonnengewölben, die in direkter Linie zu unseren mittelalterlichen Gewölben von Domen und Klöstern führen, möglich wurden.

Der Brückenbau wurde, noch ganz ohne Kenntnis der Stützlinientheorie ("gespiegelte Kettenlinie", der aus der Schule bekannte cosinus hyperbolicus) zu einer so großen Vollkommenheit geführt, daß heute noch solche Brücken benutzt werden. In der Türkei kenne ich eine römische Brücke, sie wurde währen der Regierungszeit Trajans errichtet, die täglich vom Schwerlastverkehr befahren wird. Unsere Spannbetonbrücken aus den 1970er Jahren sind schon seit langem "restaurierungsbedürftig".

Man könnte auch den Eindruck gewinnen, die Römer seien kurz vor der Erfindung der Dampfmaschine gestanden.

Und so ließe sich einiges finden, das man als typisch römisch bezeichnen darf.

Allerdings muß ich eingestehen, daß meine geringen Kenntnisse nicht über die Grenzen des ehemaligen Alexanderreiches hinausgehen - echte Borniertheit eben! Und so weiß ich nicht, inwieweit vielleicht die Chinesen ähnliches leisteten, oder die Hochkulturen Mittelamerikas.

Der griechische Tempel ist der nie wieder erreichte Höhepunkt der europäischen Architektur - die Römer aber waren es, die als erste Baukunst zu verwissenschaftlichen begannen, sie wurde, weit über das handwerkliche hinausgehend, zum Lehrfach!
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Beitragvon juergen » Do 26. Jun 2008, 14:44

Was "typisch römisch" ist natürlich auch schwer zu definieren.
Die Römer haben - wie andere expandierenden Völker auch - in Bezug auf technische Errungenschaften viel von anderen Völkern assimiliert (waren sowas wie die Borg :lol:). Freilich mögen sie auch einiges weiterentwickelt und verbessert haben.

Bezüglich Wasserleitungsbau könnte man z.B. auf den Tunnel des Eupalinos verweisen. --- alt aber nicht römisch.

Gepflasterte Straßen hatten schon die Etrusker.

"Fußbodenheizung" hat man von den Kretern übernommen.

etc. etc.
Gruß Jürgen

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Beitragvon Prodikos » Do 26. Jun 2008, 17:37

Vielleicht noch mehr als die Eroberung war das Regieren des Reichs die wirkliche Herausforderung.
Und eben jenes sollte sich als großes Talent der Römer erweisen. Cf. Verg. Aen. VI 847-853, insbesondere

Code: Alles auswählen
tu regere imperio populos, Romane, memento
(hae tibi erunt artes), pacique imponere morem,
parcere subiectis et debellare superbos.

(Verg. Aen. VI 851-853)
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Re: Was ist "typisch roemisch"

Beitragvon Apollonios » Do 11. Dez 2008, 00:25

Ich bin mir bezüglich der Freizügigkeit nicht so ganz sicher. Der Umgang mit Ehebrechern ist im heutigen Italien doch etwas milder geworden.
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Re: Was ist "typisch roemisch"

Beitragvon Zythophilus » Do 11. Dez 2008, 00:40

Ehebruch mag im alten Rom von schweren Strafen bedroht gewesen sein, in der Praxis der späten Republik und frühen Kaiserzeit (man denke an Catull oder Ovid) scheint das eher totes Recht gewesen zu sein.
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Re: Was ist "typisch roemisch"

Beitragvon RM » Do 11. Dez 2008, 15:14

Vielleicht können wir uns der Antwort auf diese Frage nähern, wenn wir untersuchen, was "typisch amerikanisch" ist bzw. welche Eigenschaften die U.S.A. zu der Großmacht gemacht haben, die sie sind.
Als typisch römisch würde ich einen gewissen Pragmatismus gepaart mit einem guten Auge für Nützliches und Angenehmes und das weitgehende Fehlen von politischen und religiösem Fanatismus ansehen - diese Eigenschaften zeichnen die Römer immer noch aus.

8) RM
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Re: Was ist "typisch roemisch"

Beitragvon ille ego qui » Di 6. Jan 2009, 02:45

Ich empfehle einen Blick in das Buch "Römertum und Latinität" von Otto Seel

valete und eine geruhsame nacht
:sleep:
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
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Re: Was ist "typisch roemisch"

Beitragvon RM » Fr 9. Jan 2009, 20:21

Keine Lust, das jetzt zu lesen. Was steht denn da?

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Re: Was ist "typisch roemisch"

Beitragvon chefren » Fr 9. Jan 2009, 20:37

das wuesst ich auch gern =)

@ille
es ging ja einfach nur darum was einem so spontan eben dazu einfaellt, was mich eben interessiert hat, was einem so ad hoc einfaellt ...
jetz grossartig in buechern waelzen um nachzulesen, war nicht sinn der sache, aber ist sicherlich interessant :)
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Re: Was ist "typisch roemisch"

Beitragvon consus » Sa 10. Jan 2009, 17:34

chefren hat geschrieben:das wuesst ich auch gern =)
jetz grossartig in buechern waelzen um nachzulesen, war nicht sinn der sache, aber ist sicherlich interessant :)

Seel (1964): sechshundertachtzehn Seiten... :book:
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Re: Was ist "typisch roemisch"

Beitragvon chefren » Sa 10. Jan 2009, 18:09

hui ... hab ich ja was in den "semesterferien" zu tun :)

ich bleib fuer die naechsten wochen aber bei meinen Langobarden und dem Kulturwandel der Kelten / Roemer =)
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