Sprachlich Einzigartiges

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Deutsch - Italienisch

Beitragvon consus » So 26. Apr 2009, 16:40

Zum Thema Vergleich von Sprachen eine Bemerkung Thomas Bernhards*:

"Das deutsche Denken wie das deutsche Sprechen erlahmen sehr schnell unter der menschenunwürdigen Last seiner Sprache, die alles Gedachte, noch bevor es überhaupt ausgesprochen wird, unterdrückt […]. Obwohl ich das Spanische … höher schätze, gab mir doch Gambetti … wieder eine wertvolle Lektion der Mühelosigkeit und Leichtigkeit und Unendlichkeit des Italienischen, das zum Deutschen in demselben Verhältnis stehe, wie ein völlig frei aufgewachsenes Kind aus wohlhabendem und glücklichem Hause zu einem unterdrückten, geschlagenen und dadurch verschlagenen aus dem armen und ärmsten."

__________________________________________________________
* Die Auslöschung. Ein Zerfall, 2. Aufl. Frankfurt am Main 1986, S. 8f.
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon Domingo » So 26. Apr 2009, 18:25

Ich kann in diesem Abschnitt keinen Gedanken erkennen. Liegt wohl daran, dass er beim Aussprechen gleich unterdrückt wurde :D

SCNR
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon consus » So 26. Apr 2009, 18:43

Facete dictum, gratulor :grins: .
Quod ad illud SCNR attinet, NIE.
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon Clemens » So 26. Apr 2009, 19:06

Weiß auch jemand, was genau die menschenunwürdige Last ist, die uns alle hier am Sprechen hindert? :-)
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon Domingo » So 26. Apr 2009, 20:02

consus hat geschrieben:Facete dictum, gratulor :grins: .
Quod ad illud SCNR attinet, NIE.


SCNR = Sorry Could Not Resist (ich weiß, ich hätte was Lateinisches oder Altgriechisches nehmen sollen :roll: )

NIE = ?
Zuletzt geändert von Domingo am So 26. Apr 2009, 20:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon consus » So 26. Apr 2009, 20:03

NOR I EITHER :grins:
(Intellexeram quid sibi vellet illud SCNR...)
Im Übrigen: Thomas Bernhard AHB (= at his best)!
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon Domingo » So 26. Apr 2009, 20:27

consus hat geschrieben:(Intellexeram quid sibi vellet illud SCNR...)


Ignoscas mihi, amice!
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon Procopius » So 26. Apr 2009, 23:07

Man lese einmal eine Übersetzung Nietzsches ins Spanische oder Italienische und man wird erkennen, wie grundverkehrt dieser Vergleich ist.
Sagt 'mal "Götter-Blitz-Augen" auf Spanisch!
Et gaudium mihi et solacium in litteris, nihilque tam laetum, quod his laetius, nihil tam triste, quod non per has minus triste.
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon Merkur » So 26. Apr 2009, 23:37

Was das Sprechen an sich anbelangt, so kann ich mich doch des Eindruckes nicht erwehren, dass z.B. das Italienische leichter handzuhaben ist sei als das Deutsche.

Scheint es euch nicht auch so, dass der mündliche Ausdruck in gewisser Weise dadurch gehemmt wird im Deutschen, dass es recht breit und ausufernd konstruiert? Ich denke da nur an die Aufspaltung von zusammengesetzten Wörter, an diesen schier undurchschaubaren Automatismus bei Artikel-Adjektiv-Nomen-Gruppen usw usf.

Das Italienische, so kommt es mir wenigstens vor, denkt eher päckchen- oder häppchenweise.

Eine weitere Schwierigkeit im Deutschen ist die bisweilen feststellbare Beliebigkeit in Sachen Wortschatz und Grammatik.
- bzgl. Grammatik: Ein Blick in die Duden-Grammatik könnte glauben machen, dass es im Dt. eine Kategorie wie "falsch" nicht gibt ...
- bzgl. Wortschatz: Das Deutsche neigt bekanntermaßen zur "Komposition" (sit venia verbo). Dadurch sind viele ähnlich lautende, in ihrer Bedeutung ohnehin ausgehöhlte Wörter denkbar; diese Ähnlichkeit kann m.E. zu großen Unsicherheiten in der dt. Phraseologie führen.

Haec habui, quae dicerem. Valete.
M.
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon Domingo » Mo 27. Apr 2009, 00:04

Merkur hat geschrieben:Was das Sprechen an sich anbelangt, so kann ich mich doch des Eindruckes nicht erwehren, dass z.B. das Italienische leichter handzuhaben ist sei als das Deutsche.


Es heißt doch "zu handhaben" :lol:

Scheint es euch nicht auch so, dass der mündliche Ausdruck in gewisser Weise dadurch gehemmt wird im Deutschen, dass es recht breit und ausufernd konstruiert? Ich denke da nur an die Aufspaltung von zusammengesetzten Wörter, an diesen schier undurchschaubaren Automatismus bei Artikel-Adjektiv-Nomen-Gruppen usw usf.


Es scheint tatsächlich so zu sein, dass es weniger Aufwand ist, einen italienischen Satz zu bilden (und zu verstehen) als einen deutschen.

Andererseits sind gerade die syntaktischen Eigenheiten des Deutschen im Gesprochenen fest verankert: Man sagt je gerade in der Umgangssprache "ich mache auf, fange an, trage vor" (und nicht "ich öffne, beginne, rezitiere"). Auch in den an der Konstituierung der Schriftsprache nicht beteiligten norddeutschen Dialekten, so zB im Englischen ;-) , ist es ganz normal, zum Beispiel zu sagen "to make things up" statt "up things".

Ich finde, das rundet den Ausdruck schön ab und bereitet im Alltag keine Schwierigkeiten, weil wir kurze Sätze als Ganzes erfassen und nicht als Reihenfolge von Wörtern. Ein Problem wird das erst in der Schrift- und in anspruchsvoller gesprochenenr Sprache, wo es dann durchaus üblich ist, dass Schachtelsätze gebildet werden und das Verb serh weit nach hinten geraten kann - worüber Mark Twain zu Recht spottete.


Eine weitere Schwierigkeit im Deutschen ist die bisweilen feststellbare Beliebigkeit in Sachen Wortschatz und Grammatik.
- bzgl. Grammatik: Ein Blick in die Duden-Grammatik könnte glauben machen, dass es im Dt. eine Kategorie wie "falsch" nicht gibt ...


1. Tatsächlich? Wie kommst Du darauf?
2. Selbst wenn: Wen interessiert das? Brauchen wir wirklich die Kategorien "richtig" und "falsch"?


- bzgl. Wortschatz: Das Deutsche neigt bekanntermaßen zur "Komposition" (sit venia verbo). Dadurch sind viele ähnlich lautende, in ihrer Bedeutung ohnehin ausgehöhlte Wörter denkbar; diese Ähnlichkeit kann m.E. zu großen Unsicherheiten in der dt. Phraseologie führen.


Das verstehe ich nicht :?

Valete

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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon Merkur » Mo 27. Apr 2009, 06:56

Zum Letzten:

Konkreter Auslöser für diese Aussage war die Erinnerung an ein Interview, das ich auf spiegel-online gesehen habe: der Befragte (kein gänzlich dummer, wie aus den Umständen geschlossen werden konnte) war brachte keinen einzigen korrekten Satz heraus. Die Hauptfehlerquelle war dabei m.E. mangelhafte phraseologische Kenntnis.

Allerdings muss ich zugeben, dass ich in dieser Sache wohl eher niederbayerisch traumatisiert bin, und die "normale" Welt gar nicht so ist, wie ich sie wahrnehme .... :)


Zur Duden-Grammatik:
Ich bin mit der Methode der Duden-Grammatik gar nicht glücklich. Es wird dort verzeichnet, was gesagt/geschrieben wird und nicht was gesagt/geschrieben werden soll.
Oftmals wird mit irgendwelchen Internetbelegen ein offenkundig unkorrekter Sprachgebrauch in gewisser Weise legitimiert ... ich kannte dazu sogar schon mal Beispiel ;-)

Gruß,
M.
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon Laptop » Mo 27. Apr 2009, 07:01

"Das Deutsche ist ein Klotz am Bein, was solls, ich kanns nicht ändern!" <= welche Versform ist das?
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De linguarum differentiis

Beitragvon consus » Mo 27. Apr 2009, 09:34

Zu dieser Debatte "De linguarum differentiis" noch eine kleine Anekdote aus einem Taschenbüchlein des 17. Jh.*:

MUlti inter linguas ita distinguunt, ut dicant, cum Deo, ob Majestatem, Hispanice, cum Principibus, ob gravitatem Italice, cum feminis, ob gratiam, Gallice; cum hostibus vero, ob terrorem Germanicè loquendum esse. Sed hac de re audi, sis, non illepidam historiolam. Legatus quidam Germanus apud Imperatorem Carolum V. dicere jussus, quum sermonis & linguæ auctoritate Hispanos ad appla<u>sum commovisset, ex iis unus ita censebat; opinione sua Germanicam linguam & graviorem & severiorem esse, atque se credere, & Deum quum expelleret è Paradiso Adamum, & Angelum gladio formidabile<m>, qui Paradiso custos datus est, terroris majoris caussa Germanicâ linguâ illum nostrum patrem increpuisse. Cui Germanus non sine sale respondit, Hispanicæ linguæ non minus se magni facere pompam quam subtilitatem; & persuasum habere, diabolum quum Evam circum venire vellet, linguâ Hispanicâ, fraudum & callidorum consiliorum tragulis aptissimâ, usum fuisse.

__________________________________________________________________________________
* Democritus Ridens sive Campus Recreationum Honestarum. Cum Exorcismo Melancholiæ. Amstelodami, Apud Jodocum Jansonium. M DC XLIX, p. 232sq.
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Re: Sprachlich Einzigartiges

Beitragvon Pyrrha » Mo 27. Apr 2009, 17:36

Was du über die Schwerfälligkeit des Deutschen sagst, o optime Mercuri, kann ich nachvollziehen, aber den Grund sehe ich eher in den fehlenden Gerundiv- und Partizipialkonstruktionen, die uns zwingen, für jede Kleinigkeit ganze Nebensätze zu bilden. Andererseits habe ich, und auch gerade von Ausländern, einige sehr positive Meinungen über die deutsche Sprache gehört, dass sie anschaulicher, teilweise auch poetischer sei als andere gerade wegen ihrer Kompositionsfähigkeit. Ich verzweifle jedes Mal, wenn ich in einer beliebigen Frendsprache sagen will, dass ich einen Ohrwurm habe - so ein schönes Wort gibt es einfach nur im Deutschen! -, ein italienischer Freund mag das Wort "Seelenarzt", wegen des schönen Bildes, ein spanischer Bekannter war ganz begeistert von der "Apfelschorle", weil er auf Spanisch einen ganzen Satz bräuchte, um dasselbe auszudrücken. Ähnliche Beispiele gibt es hundertfach. (Wobei man natürlich nicht vergessen darf, dass natürlich jede Sprache ihre eingenen knappen Ausdrücke hat. Seit dem Erdbeben kenne ich einen neuen auf italienisch: i terremotati, die vom Erdbeben Geschädigten.) Ich persönlich nehme auch unsere Partikel "auch", "doch", "ja" etc. sowie den Konjunktiv I mit den damit verbundenen Möglichkeiten zur inneren Distanzierung zum Gesagten immer wieder als Stärken der deutschen Sprache wahr. Ein anderes Beispiel sind Wörter wie "sich etwas erarbeiten": nach dem EM-Finale habe ich einem Italiener, der sich an einem deutschen Zeitungsartikel versuchte, nur mit großer Mühe erklären können, was das Wort "erspielen" im Satz "Die spanische Mannschaft erspielte sich den Sieg" genau bedeutet.

Was die grammatikalischen Kategorien "richtig" und "falsch" betrifft, so weiß ich nicht, inwieweit der Duden dem linguistischen Ansatz folgt, der Sprache beschreiben und nicht vorschreiben will. Auf lange Sicht ist das richtig, und ich halte es für falsch, einen de facto antiquierten Sprachgebrauch vorzuschreiben. Sobald eine ausreichend große Menge an Sprechern einen Fehler macht, wird dieser durch den Gebrauch legitimiert, was aber nicht verbietet, weiterhin die etablierte Form zu benutzen, die ja in der Regel weiterhin als die bessere gilt. Andererseits kennt, wenn ich mich nicht irre, der Duden im Gegensatz zum sprichwörtlichen Berliner den Unterschied zwischen Akkusativ und Dativ.
Was die zweifelhaften Internetbelege anbetrifft, stimme ich dir allerdings zu.

Das Problem der leeren Worthülsen liegt m.E. eher darin, dass viele Fremdwörter zwar intelligent klingen, aber dem Deutschen doch eher unvertraut sind. Die Ähnlichkeit im Klang, die man im Deutschen empfindet, ist im Wesentlichen die, dass für uns alle Wörter, die auf -tion oder -ierung enden, irgendwie gleich klingen.


Procopi: Zur WM war in Göttingen die mexikanische Nationalmannschaft zu Gast. Zu Werbezwecken waren die Taxis mit den spanischen Übersetzungen von deutschen Fußballausdrücken wie "Blutgrätsche", "Lattenknaller" u.ä. beklebt; die Ergebnisse waren, vorsichtig ausgedrückt, nicht sehr überzeugend.

Valete.


P.S.: Eben entdeckt: "In quello stesso anno, il 1992, Andreotti era considerato uno dei candidati più papabili per la carica di presidente della Repubblica" (Quelle: Wikipedia.it, Giulio Andreotti). Das ist doch hübsch: papabile für die Präsidentschaft. :D
Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?
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