von rescriptor » Di 10. Mai 2005, 02:28
Da - abgesehen vom Französischen - alle romanischen Sprachen nicht nur von den Angehörigen aller romanischen Völker bis heute zumindest so "irgendwie" verstanden werden (jeder zB Rätoromane, Katalane, Rumäne versteht zumindest den Sinn eines nicht zu komplexen Zeitungsartikels in zB Portugiesisch, Spanisch, Italienisch und umgekehrt), sondern auch sehr ähnlich KLINGEN (meine keine dieser Sprachen sprechende Freundin kann vom KLANG her nicht entscheiden, welche sie hört), kann man davon ausgehen, dass Latein sehr ähnlich geklungen hat. EIN wichtiges Merkmal aller romanischen Sprachen - sogar einschl Französisch (bis auf den als "Standardsprache" geltenden Pariser Dialekt) ist das gerollte Zungen-R. Im Spanischen hat die Stärke des Rollens sogar phonematischen Charakter.
Abgesehen davon gibt es gewichtige sprachgeschichtliche Gründe, für Latein Zungen-R anzusetzen (ähnliche Wirkungen von l und r, Wechsel von l und r, zB peregrinus -> pelegrinus).
Dem Lateinischen am nächsten ist natürlich Italienisch: es ist der direkteste Nachfahre des stadtrömischen Dialekts und am stärksten und längsten von diesem beeinflusst.
Kleine Anekdote: Verhandlungssprache beim II.Vaticanum war Latein. Johannes XXIII sprach aber nur sehr schlecht Latein - und das auch noch in italienischer Aussprache - bis schließlich die versammelten Bischöfe und Kardinäle ihn aufforderten, doch bitte lieber Italienisch zu reden: dies würden sie mit ihrem Latein dann besser verstehen... (mir so 1962 vom damaligen Sekretär des Essener Ruhrbischofs erzählt, als ich mit jenem für ein Schulreferat übers II.Vaticanum redete).