Chairete,
Erstmal einige unwichtige Kleinigkeiten, die dem Autodidakten aber hilfreich sein könnten (?
):
Das einerseits-andererseits ist hier antithetisch entwickelnd, also schonmal gut, dass du es schreibst, nur ist es etwas verrutscht, von den Waffen zu den Handlungen, wenn mich meine matten Augen nicht täuschen.
Die Adjektive rechts und links können ja sowohl mit dem Bezugswort Hand, wie hier, als auch alleine auftreten, wenn man aber Hand schreibt, dann rechte klein geschrieben, es ist nicht substantiviert, sondern es liegt eine abgeschwächte Ellispe= "Syllepsis", vor.
τεταγμÎνων: sehr gut, in Reih' und Glied, es ist ja nicht eine Kampfesformation gemeint, sondern eher eine Arbeitsphalanx, wenn man es denn so nennen kann, also Soldat an Soldat die langen Gräben entlang.
τις: wenn man ausdrücken will, dass Klearchos in seiner Strenge keinen Unterschied macht, vielleicht auch "irgendeiner"
á¼Ï€Î¹Ï„ήδειον= den geeigneten, "würdigen". Das ist nicht (nur) zynisch gemeint, sondern vielmehr beobachtet er genau und wählt sich dann einen raus, der besondern träge ist, um an ihm auch ein Exempel zu statuieren, vgl. das Part. PRÄSENS= suchte sich einen raus, für sich in einem Entscheidungsprozess auswählen. Er wählt vielleicht auch eher einen matten Faulpelz, der schwach ist, aus, als einen wehrhaften Starken, wenn er mal Pause macht.
αá½Ï„ὸς Ï€Ïοσελάμβανεν εἰς τὸν πηλὸν á¼Î¼Î²Î±Î¯Î½Ï‰Î½:
schwierige Stelle. Das Partizip ist jedenfalls adverbial verwandt. Soll es wörtlich zu verstehen sein, also lediglich das Hinabsteigen in der verschlammten Flussbetten implizieren, dann: packte er auch persönlich mit an, wobei er (auch) in den Schlamm hinabstieg, also das Mitarbeiten geschieht unabhängig vom Versauen der teuren Kluft
, im Lateinischen cum mit Indikativ, cum explicativum/modale, das einen vom HS unabhängigen Begleitumstand bezeichnet.
Soll aber mit dem Hinabsteigen symbolisch das ganze Arbeiten angedeutet werden, dann ist das Part. eine Umstandsangabe, wie der HS sich vollzieht, also: er fasste selbst mit an, indem er in den Matsch hineinstapfte (und seine Männer unterstützte), also der GS ist Art und Weise, wie der HS eigentlich geschieht, im Lateinischen cum mit Konj, cum coincidens/identicum.
Dies aber nur am Rande.
Nun zum eigentlichen Problem:
Gewiss, man sieht sich so manches Mal genötigt, vor dem reichen Formenschatz des Griechischen zu kapitulieren, aber wenn man sich die Konstruktionen in ihrer Entwicklung vor Augen führt, klärt sich oft einiges!
Eine Kombination von Potentialis und Irrealis in einer konditionalen Periode ist aus rein logisch-semantischen Gründen schon vom Grundsatz her nicht möglich. (Über die mannigfachen anderen sei hier nichts weiter gesagt).
Rein von der Form haben wir also ein Zusammenspiel von Optativ und Ind. Aor. mit Modalpartikel.
Genau der vom Medicis beschriebene Fall liegt hier vor:
Ein Wiederholungsfall der Vergangenheit. Dieser ist aber anders geartet als der Iterativ der Gegenwart, und dennoch heißt er Iterativ der Vergangenheit.
Der Optativ im Nebensatz ist natürlich ohne absolute Zeitstufe und auch das relative Zeitverhätlnis ist vom Aspekt überlagert bzw. mitbeeinflusst, ein Optativ an sich kann aber keine Wiederholung ausdrücken, wenigstens nicht eigentlich, sondern ist wohl potentialen Ursprungs. Am Gliedsatz ist also eine potentiale nicht von einer iterativen Periode zu trennen!
Entscheidend ist der Hauptsatz, denn in ihm steht bei dieser Art des hypothetischen Gefüges oft ein einfaches Imperfekt, was iterativen Aspekt impliziert. Aus diesem Kontext ergibt sich dann die Semantik des Nebensatzmodus als Optativus iterativus.
Nun kann es aber sein, dass eben nicht ein Imperfekt, sondern ein Ind. Aor. mit an im Hauptsatz erscheint. Hier ist die Bedeutung nicht anders als sonst auch (außer dem Irrealis), ein Potentials der Vergangenheit oder ein Iterativ der Vergangenheit, und genau dieser ist es. Er gibt eine Handlung an, die unter gewissen Umständen oder ab und an mal in der Vergangenheit tatsächlich geschehen ist.
Für die Einordnung der gesamten Periode als Iterativ und auch für die Deutung des Optativ als opt. iterat. ist es nicht von Belang, ob Imperf. oder Ind. Aor. mit Partikel steht, wohl aber gibt es einen Unterschied zwischen beiden, insofern ersteres eine konstante (man denke an die Linearität dieses Stammes!), gewohnheitsmäßig wiederholte Handlung angibt (interessant die grobe Analogie im Englischen: He used to smoke, ein Kettenraucher
), letzteres eine gelegentlich unter den richtigen Umständen vorgenommene (He would smoke, ein Fetenraucher).
Es ist klar, dass Klearchos nicht immer überall in einer Art grausamen Ritual jeden verprügelt, der scheinbar nicht arbeitet, sondern wenn die Situation brenzlig ist o.Ä., dann schlug er " gelegentlich/ auch schon mal" zu (leicht dagegen das ὡς á¼Ï€ÎµÏƒÏ„άτει= wie er zu befehligen/Aufsicht zu führen pflegte).
Vgl. dazu Kühner §392,4 und §399,4a.
Ob man den Adverbialsatz nun noch als einen konditionalen bezeichnen mag oder ihn eher in die Nähe der temporalen stellt, spielt hierfür kaum eine Rolle, die Abgrenzung zu den "Prospectivi" (besonders der Gegenwart) dürfte einleuchtend sein.
Kurzum: Bei einem Optativ nicht immer einen Potentials vermuten (auch wenn das im Gliedsatz sicher die ursprünglicherer semantische Bedeutung war), sondern nach dem Hauptsatz schauen, so ist man immer gut gewappnet beim Zug der Zehntausend!
Ich hoffe, diese Ausführungen bringen Licht in bisher nicht als Dunkel Erkanntes, meldet euch, wenn ihr Anmerkungen und Verbesserungen habt!
Möge dieses Forum auch im nächsten Jahr so belebt sein!
LG
Sokrates